1836

Rede
bei der Begräbniß
des
Josef Karrmann, Söldner von
Hofdorf,
welcher beide beim Antritt zur Jagd, am 11. Dec. 1836, während des Pfarrgottesdienstes zwischen 9 und 10 Uhr (am 3ten Advents.Sonntag) unglücklicherweise erschossen worden.
Im stillen Advente, wo Alles zur Andacht und zu einem stillen, zurückgezogenen, bußfertigen Leben einladet, zur Zeit des Pfarrgottesdienstes, wo in der ganzen Christenheit die christlichen Gemeinden vor den Altären versammelt sind, und ihre Herzen zu Gott wenden, wo nach Landesgesetzen alle Bierschenken geschlossen, und alle öffentlichen Geschäfte eingestellt seyn sollten – gehen 5 Männer, mehr auf das Vergnügen und den eitlen Zeitvertreib, als auf den Dienst Gottes und die Heiligkeit des Sonntags bedacht – auf die Jagd. Noch haben sie wenige Schritte gemacht – es fällt ein Schuß – und todt stürzt Einer zu Boden. Es ist ein Familienvater, der eine Witwe und drei unmündige Kinder hinterläßt – es ist Josef Karrmann, Söldner von Hofdorf, dessen Leichnam wie soeben in die Erde gesegnet haben.
Unglücklicher Mann! mein liebes Pfarrkind! was soll ich auf deinem Grabe nun haben? Schweigen? Du willst gewiß, daß dein Pfarrer rede, du hättest ja auch gerne noch die Stimme deines Hirten gehört, wenn dir nur noch so viele Augenblicke übrig geblieben wären, daß du seinen letzten Zuspruch hättest vernehmen können. Aber was soll ich reden? Bei dem Anblicke eines so großen Unglückes, bei dem Schrecken eines solchen Trauerfalles, bei dem lauten Thränen aller Versammelten versagt mir die sonst allzeit beredte Zunge ihren Dienst, die Stimme wird durch die Wehmuth erstickt.
Josef Karrman war sonst eine guten Mann, ein treuer Gatte, väterliche liebte seine Kinder, er war ein guter Nachbar, um seine Friedsamkeit und Verträglichkeit wird von Allen im Dorfe gelobt. Diese Tugenden hatten ihm die Liebe und das Wohlwollen Aller, die ihn kannten, erworben; diese Tugenden zeigen, daß ein gutes Herz hatte, daß sein Weib einen rechtschaffenen Gatten, seine Kinder eine sorgfältigen Vater, seine nach Nachbaren einen wohlgelitten Nachbar, und ach! sein schon 70jähriger Vater, der im nun in das Grab sehen muß, eine guten, und um so geliebteren Sohn, weil er der einzige war – daß wir – ein braves Pfarrkind verloren haben.
Eines hätte ich ihm gewünscht, – weniger Liebe zu einem Vergnügen, das nicht in seinem Beruf lag, weniger Liebe – zur Jagd. Ach! dieses Vergnügen, das er hätte Andern überlassen sollen, denen es mehr in ihren Berufe liegt, brachte ihm auch – den Tod. Die Jagd liebte er, wie man sagt, für sein Leben, und sieh! er mußte sein Leben lassen wegen Jagd. Noch wäre ihm dieses Vergnügen zu gönnen gewesen, in so weit man es ein unschuldiges nennen kann; aber ich muß wünschen, daß er es mehr geordnet, und weniger, ja gar nie der Beiwohnung des pfärrlichen Gottesdiestes vorgezogen hätte. Aber seine Liebe zur Jagd, die er zu einer Leidenschaft werden ließ, ließ ihn selten am Pfarrgottesdienste Theil nehmen, er zog den Frühgottesdienst, der mehr für die Hausmutter ist, vor, um frühzeitig zur Jagd kommen zu können. Hierin hat der gute Mann gefehlt. „Gedenke, daß du den Sabbath heiligest,“ sagt das Gebot Gottes, und um die Heilighaltung des Sonntages, Geliebte! ist etwas Großes. Ach! der gute Karrman hat um dieses Fehlers wegen schwer gebüßt. Der Herr hat ihm sein Leben abgefordert. Uns steht darüber kein ferneres Urtheil zu; hoffen wir, daß Gott durch diese gewiß schwer Buße versöhnt worden, und dem Verstorbenen ein barmherziges Gericht zu Theil geworden sei. Aber seinen lebenden Mitbrüdern und Jagdgesellschaftern soll das eine ernste Lehre seyn, vorzüglich da sie Männer sind, in deren Beruf es schon gar nicht liegt, sich mit den Jagd abzugeben. Tritt da nicht das Sprichwort ein: „Schuster bleib bei deinem Leist,“ „Bauer bleibt bei deinem Pfluge.“ Es liegt am Tage, daß der Unglückliche durch Unvorsichtigkeit ein Opfer des Todes wurde, und es wäre nothwendig, ein Wunder anzunehmen, wenn man glauben wollte, es habe den Unglücklichen der Schuß seines eigenen Gewehres getödtet. Alle Umstände sprechen dafür, dass der Schuß aus dem Gewehre eines seiner Nachgänger kam – so schrecklich sind die Folgen des unvorsichtigen Umganges mit Gewehren. Und ach! wie viele Umstände treffen zusammen, die denjenigen, aus dessen Gewehr der Schuß kam, vor dem weltlichen Gerichte zwar frei und als schuldlos erklären, aber vor den Richterstuhl des Gewissens anklagen. War es nicht Sonntag? war nicht gerade der pfärrlichen Gottesdienst? ist es jetzt nicht eine heilige Zeit, in der man umso mehr zur Einstellung aller unzeitigen Vergnügungen verbunden? Diese lieben Jagdfreunde, hätten sie nicht als guten Christen und christliche Hausväter in dem Pfarrgottesdienst gehört? Jagden an Sonn- und Feiertagen anstellen, ist selbst durch weltliche polizeiliche Gesetze verboten, um wie viel mehr gilt dieses Verbot zur Zeit des pfärrlichen Gottesdiestes. Man will sich mit dem gehörten Frühgottesdienste entschuldigen! Der Frühgottesdienst ist nur für Jene, die durch dringende Hausgeschäfte abgehalten sind, in dem Pfarrgottesdienst zu kommen, für Jene, die ordentlich mit dem Früh- und Pfarrgottesdienst wechseln; wer sich aber des Frühgottesdienstes bedient in der Absicht, um danach in die Wirthstube sitzen oder eitlen Vergnügungen und dem Zeitvertreibe nachgehen zu können, der sündigt wider die Heilighaltung des Sonntags, und hat seinen Theil an den Gnaden und Früchten der heil. Pfarrmesse. Im Pfarrgottesdienste wird der ordentliche christliche Unterricht vorgetragen, und die Erklärung der Pflichten eines ordentlichen Christen gegeben; im Frühgottesdienste ist es nur eine kurze Ermahnung, die sich nicht über alle Obliegenheiten ausbreiten kann; ja, wenn im Frühgottesdienste gar keine Lehre gehalten würde, so würde es solchen, welche den Pfarrgottesdienst aus unrechten Absichten vernachlässigen, wohl noch lieber sein, sie zeigen sich also als Leute, denen am Worte Gottes nichts gelegen ist. Fort, fort mit allen Ausreden, Geliebte! An Sonn- und Feierntagen gehört eine guter Christ in den Pfarrgottesdienst, und nicht auf die Jagd. O daß dieses Unglück den Jagdfreunden, die die Heilighaltung des Sonntages nicht achten, daß es Allen, die ohne Noth den Pfarrgottesdienst versäumen, die Augen öffnen möchte. Ich bitte, ich beschwöre euch bei dem Leichname des unglücklichen Karrman, leget ab eure Jagdlust und schränket sie wenigstens ein, leget weg eure Gewehre, oder nehmet sie wenigstens nicht zur Zeit des Pfarrgottesdiestes zur Hand. Ist euch auf euere Jagdlust lieber als Gottes Gebet, so möget ihr sie hier befriedigen, dort aber überlasse ich euch dem ewigen Richter. O fassen wir Alle, Geliebte! den ernstlichen Entschluß, den Sonntag zum heiligen, an diesem Tage müssen wir mit zweifachem Eifer für die Ewigkeit sorgen. Bevor wie aber dieses Grab verlassen, lasset uns noch des Abgeschiedenen gedenken, und damit ihn Gott nicht nach der Strenge seiner Gerechtigkeit, sondern nach der Fülle seiner Erbarmung richte, und wenn etwa wegen noch nicht genug abgebüßten Sünden ec. Ec. Unser Vater. Amen.
Quelle: Fest- und Gelegenheits-Predigten von Xaver Maßl, Stadtpfarrer bei St. Paul in Passau. Dritter Theil. Bruderschafts-, Geschichts- und Predigten vermischten Inhaltes, Trauer- und Grabreden. Schaffhausen. Verlag der Hurter’schen Buchhandlung. 1847
[Dr. Franz Xaver Maßl war von 1835 bis 1847 Pfarrer in Hunderdorf]


Archivalien zu Hunderdorf/Windberg
Archiv:  Staatsarchiv Landshut
Kapitel-Bezeichnung:    Rentamt Mitterfels (Rep. 300/Mit)
URN:     urn:nbn:de:stab-76c51dad-b241-4fbf-8f9a-c99205f563c20
Bestellsignatur: StALa, Rentamt Mitterfels (Rep. 300/Mit) A 152
Archivische Altsignatur: Rentamt Mitterfels (Rep. 163 b/15) Nr. 152
Beschreibung des Archivales
Betreff: Rammersberg: Gesuch des Jos. Bartl von Rammersberg um Errichtung eines Waffenhammers
Laufzeit:              1836


Archivalien zu Hunderdorf/Windberg
Archiv:  Staatsarchiv Landshut
Kapitel-Bezeichnung:    Fiskalat des Unterdonaukreises (Rep. 245)
URN:     urn:nbn:de:stab-88ebb17c-128e-42eb-9e2f-cde24e8293314
Bestellsignatur: StALa, Fiskalat des Unterdonaukreises (Rep. 245) Nr. 103
Archivische Altsignatur: Rep. 168/4 Fasz. 290 in Nr. 4789
Beschreibung des Archivales
Betreff: Fiskus wider Freiherr von Berchem auf Steinburg wegen vogteilicher Rechte
Laufzeit:              1836 – 1837


Archivalien zu Hunderdorf/Windberg
Archiv:  Staatsarchiv Landshut
Kapitel-Bezeichnung:    Regierung von Niederbayern, Kammer der Finanzen (Rep. 168/4)
URN:     urn:nbn:de:stab-2bf9f744-7af3-4b0a-b5f2-15abe08ccdff7
Bestellsignatur: StALa, Regierung von Niederbayern, Kammer der Finanzen (Rep. 168/4) A 3394
Archivische Altsignatur: Rep. 168/4 Fasz. 290 Nr. 4789
Beschreibung des Archivales
Betreff: Fiskus gegen Frhr. von Berchem auf Steinburg wegen Scharwerks zu Eggersberg (Rentamt Mitterfels)
Enthält-/Darin-Vermerke:           Darin: Fiskalatsakt
Laufzeit:              1836 – 1838


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