Geschichte der zum Hörnlhof in Entau zugehörigen Kapelle des hl. Thomas von Canterbury.
Ein Beitrag zu den klösterlichen Eigenkirchen des Donaugaues.
Verfaßt von Pfarrer Simon Straßer von Pfelling a. D. – 1927.
Sonderabdruck aus den Verhandlungen des Historischen ‚Vereins für Niederbayern. LXIII. Band. Landshut
Aus der Geschichte des Hörnlhofes in Entau, welcher Hof um das Jahr 1127 oder 1138 von der gräflichen Familie von Bogen frei und ledig an das Prämonstratenserstift Osterhofen geschenkt worden war, erhellt, daß zu diesem Klosterhofe frühzeitig auch eine Kapelle gehörte, welche jetzt noch steht. Aus der Geschichte des Klosters Niederaltaich wissen wir, daß durch die Schenkung eines gewissen Paldo, eines bayerischen Edelmannes, der in Irlbach saß und dem das linke Donauufer von der Pogana bis nach Welchenberg hinab zur Verwaltung anvertraut war, die herzoglichen Eigenkirchen in Irlbach und Posching in den Klosterbesitz übergingen. Beide Kapellen waren der Gottesmutter geweiht. Ebenso ging die Kapelle in Niederwinkling durch die Schenkung Fridurichs und seiner Hintersassen, welche dem hl. Johannes dem Täufer geweiht war, alsbald nach der Gründung Niederaltaichs an diese über.
Das Christentum und der Bau dieser frühzeitig gebauten Heiligtümer ist sehr wahrscheinlich auf die Missionierung des hl. Bischofes Rupert zurückzuführen, der ja, von Straubing aus donauabwärts mit seinen Genossen fahrend, überall nach dem Auftrage des Herzog Diets, welchen er getauft haben soll, den Samen des göttlichen Wortes ausstreute und Kapellen und Priestersitze errichtete. 690 n. Chr.
Etwas später, unter Tassilo (749 – 788), kam auch der Ort Pfelling, welcher damals aus einem Haupthofe (Urmaierhof) und 4 Nebenhöfen sich zusammensetzte, nach dem Kloster Niederaltaich. Die Höfe und Kapellen wurden seelsorglich von den Brüdern des Klosters betreut, und wo noch keine Kapelle vorhanden, baute das Kloster solche. So wurde auch neben dem Urmaierhof in Pfelling eine der hl. Martyrerin und Jungfrau Margareta geweihte Kapelle erbaut, für die Bedürfnisse der Villikation und anderer Gehöfte, die sich, wenn auch nicht rechtlich nach Niederaltaich gehörig, doch mangels eines anderen Pfarrverbandes an die Kapelle zu Pfelling hielten und von den Patres des Klosters Niederaltaich seelsorglich mit betreut wurden. Zur Zeit des Bischofes Kuno von Regensburg (1125 bis 1132) und des Abtes Luitpold von Niederaltaich ward aus den Ortschaften Pfelling, Liepolding, Anning und Entau ein Pfarrverband begründet mit der Margaretenkirche zu Pfelling als Sitz. Zur Beschaffung einer Dos mußten nun sämtliche Grundherrn mit ihren Gehöften durch Überlassung von Grundstücken für Kirche und Pfarrer beitragen. Begütert waren damals vor allem der Frammelsberger in Entau und Anning, der Graf von Bogen in Liepolding, das Kloster Oberaltaich in Anning und Liepolding und vor allem der Burgherr Arnold I. in Pfelling selbst. Diese alle mußten von ihren Höfen soviel an Feldern und Wiesen an die Pfarrei abtreten, daß für den Pfarrer ein halber Hof gebildet werden konnte. Die Dos der Kirche mochte einen Viertelhof ausmachen. Außerdem kamen zur Pfarrkirche zwei Sölden in Pfelling und Liepolding und für den Pfarrer eine Sölde in Weinzier und Berndorf und eine im Bezirke Schwarzach in Ainfürst, welche Laudemienpflichtig wurden. Die Kirche in Pfelling erscheint 1148 und 1239 in den päpstlichen Bullen als Eigenkirche des Klosters Niederaltaich, mit den anderen in der Diözese Regensburg liegenden Kirchen Irlbach, Posching, Niederwinkling und Schwarzach bestätigt. Sie werden vom Kloster Niederaltaich seelsorglich betreut, das unter der Zeit des Abtes Hermann Weltpriester präsentiert, während der Abt Primarpfarrer bleibt, der diese Pfarreien als Lehen frei vergibt. Der Bischof von Regensburg bestätigt den präsentierten Pfarrer und erteilt ihm die Investitur. Der Abt ist und bleibt Grundherr der Kirche.
Nach germanischem Rechte betrachtete sich der Grundherr, ob Herzog, Burgherr, Bischof oder Abt, als unbeschränkter Eigentumsherr auch über die Kirche, welche er oder seine Vorgänger auf ihrem Grund und Boden erbaut hatten. Das widerspracch ganz und gar dem kanonischen Rechte, nach welchem der Bischof allein oberster Verwalter aller Kirchen sein soll und den Priester zu bestellen hat. Die Kirche führte einen schweren Kampf, um ihrem Rechte auf das Kircheneigentum allmählich Geltung zu verschaffen und die angemaßten Rechte des weltlichen Eigenkirchenherrns auf die sogenannten Patronatsrechte einzuschränken. Dadurch nun, daß solche Höfe mit ihren Pertinenzen, zu welchen selbstverständlich nach dem geltenden Lehensgesetze auch die Kapellen zu rechnen waren, in das Eigentum des Klosters übergingen, und die Untertanen und nichtfreien Hörigen den Abt als ihren Grundherrn anerkannten, kamen sie nicht bloß wirtschaftlich, sondern auch wegen der Kapellen, seelsorglich vom Anfange an von den Mönchen betreut, unter die geistliche Hoheit, wurden sie Pfarrkinder der Klostergemeinde, der Abt blieb, auch nachdem im Laufe der Zeit diese Kapellen selbst das Taufrecht erlangt und zu Kirchen mit allen pfarrlichen Rechten erhoben worden waren, mit einem eigenen Weltpriester, bis zur Klosteraufhebung im Jahre 1803, Patronatsherr der Kirche und der Pfarrei.
Wie das Kloster Niederaltaich, so baute auch das Kloster Windberg auf seiner Villikation Ainbrach ein dem hl. Blasius geweihtes Kirchlein, das 1158 vom Bischof Hartwich II. von Regensburg konsekriert wurde. Durch eine Zehentabtretung eines Degenbergers unbekannten Namens und nicht mehr festzustellenden Zeitpunktes wurde zu dieser Kapelle ein Benefizium gestiftet und sogar das Beerdigungsrecht hatte die Kirche. Welches Benefizium der jeweilige Pfarrer von Pfelling versah. Die Verpflichtung bestand in der Spendung der Sakramente an die Angehörigen der beiden Klosterhöfe, der Mühle und der Hüterfamilie. Dafür bezog der Benefiziat bezw. der jeweilige Pfarrer von Pfelling die geringen Stolarien und ¼ des Getreidezehents für die Persolvierung von jährlich 12 Monatsmessen, die für die Stifter des Benefiziums im Kirchlein zu lesen waren.
In gleicher Weise hatte das Kloster Windberg auf dem Grunde seiner Villikation in Alkofen, in Albertskirchen eine Kirche erbaut, welche sogar pfarrliche Rechte erhielt. Dieses dem hl. Erzmartyrer Stephan geweihte Kirchlein wurde 1839 wegen Baufälligkeit niedergelegt.
Wie das Kloster Windberg auf seinen Villikationen Kapellen erbaute, so auch dessen Bruderkloster auf seiner bedeutend größeren Villikation Hörnlhof, zu welcher dann 1233 noch der 1 2/4 Hoffuß umfassende Frammelsbergerhof in Entau (nach dem Dreißigjährigen Kriege Wackerhof genannt) als Lehenshof gekommen war. Dazu kam eine dem hl. Apostel Thomas geweihte Kapelle.
Diese Kapelle diente dem Maier und seinen Arbeiterfamilien, dem Taglöhner und Hüter (nach dem Dreißigjährigen Kriege war auch ein eigener Jäger mit Familie bei dem Klosterhofe angestellt wegen des nach dem Kriege zunehmenden Wildstandes, wie Wildschweine, Hirsche, welche die Felder verwüsteten) zunächst zur häuslichen Andacht an den Abenden, wie auch an den Sonntagen, denn zur Winterszeit bei Eisgang, Hochwasser wird es den Entauern wie auch häufig heutzutage nicht möglich gewesen sein, nach der Pfarrkirche zu kommen, zumal damals noch keine Fähre bestand, sondern der Verkehr mit dem linksseitigen Donauufer nur mittels Kahn bewerkstelligt wurde. Bei solchen mißlichen Verkehrsverhältnissen konnten die auf dem rechten Ufer ansässigen Hofbewohner beim besten Willen nicht zum gemeinsamen Gottesdienste in ihrer Pfarrkirche erscheinen, sondern mußten sich dann mit der häuslichen Andacht in der Hörnlhofer Kapelle begnügen.
Bauzeit der Kapelle.
Nach den Kunstdenkmälern des Bezirksamts Straubing, Seite 166 (auf Seite 168 befindet sich eine Abbildung der Kapelle), stammt diese kleine romanische Anlage aus dem Ende des 12. Jahrhunderts, hätte also die gleiche Entstehungszeit wie die Kirche in Ainbrach. Die romanische fensterlose Apsis ist noch unverändert erhalten, dagegen hat das Langhaus im 18. Jahrhundert eine Veränderung erfahren durch Erweiterung der beiden Fenster im Barockstil und durch Aufsetzung eines spitzen Dachreiters. Das merkwürdigste ist der spätromanische Türsturz aus Sandstein, der in Tympanonform ein Kreuz, beiderseits mit zwei Rosetten, aufweist. Die Westwand der Kapelle wird gestützt durch zwei sehr ruinöse Pfeiler aus Granitsteinen, welche keilförmig sich bis zur unteren Fensterhöhe an die Mauer anfügen. Die Dachung besteht aus hohlen Ziegeln.
Das Innere des Kirchleins.
Die halbkugelige Concha (muschelförmige Ausbauchung des Chores) wird durch einen schlichten Triumphbogen von dem zwei Chorquadrate haltenden Schiffe getrennt. Der Triumphbogen ruht auf einem vielleicht nicht mehr ganz ursprünglichen Abacuskapitäl (Abacus = Deckplatte eines Kapitäls). Die Decke des Schiffes ist durch Stuckierung gegliedert, und zwar im Barockstile. Mitten durch die barock erweiterten Fenster geht der Verjüngungsabsatz der Umfassungswände, die hier plötzlich um einen halben Stein schwächer werden. Das Chorblatt stellt in schlechter Ausführung die Ermordung des hl. Bischofes Thomas von Canterbury dar. Sonst enthält das Kirchlein einen Crucifixus und eine Mater Dolorosa in guter Ausführung. Die kleinen Kreuzwegstationen wurden unter Pfarrer Stefan Pfanzelt von Pfelling (1758 – 1762) angeschafft. Gutsmaier war damals Benno Groll. Der spitze Dachreiter enthält eine Glocke.
Die Glocke.
Die 6 Henkel sind mit Cherubköpfen verziert und auf Ösenkern radial verteilt. Platte leicht gewölbt. Halszier über dem Textband kleine, unter demselben größere Akantuspalmetten. Der Text lautet: + AVE MARIA GRATIA PLENA DOMINUS. TEKUM. 1715. Bild gekrönte Madonna mit nicht gekröntem Kinde und Szepter. Zeit und Ausführung lassen auf einen Guß von Joh. Sedlbauer – Straubing schließen. Durchmesser 41 cm. Höhe mit Krone 38 cm, ohne dieselbe 29 cm. Ton etwas tiefes b. Eine Rarität ist hier die prächtige Jochbeschlagzier aus Eisen in hübscher Stemmarbeit. (Diese Glockenbeschreibung verdankt der Verfasser der Güte des Herrn Spitalpfarrers Jos. Oberschhmid in Straubing.)
Die Kapelle scheint bei ihrer Erbauung keinen Altar zum Celebrieren gehabt zu haben. Einen solchen erhielt dieselbe im Jahre 1469.
In Sittersberger Geschichte des Klosters Osterhofen ist Seite 180 folgende Notiz über den Hendlhof und seiner Kapelle enthalten:
Die Kapelle in Hendlhof bei Pfelling (in der Nähe von Bogen) wurde im Jahre 1469 zu Ehren des hl. Thomas von Canterbury geweiht. Daselbst mußte der jeweilige Seelenhirt (Pastor) von Pfelling an allen Freitagen das hl. Meßopfer darbringen und der dortige Gutsmaier (rusticus) bei jeder hl. Messe 15 Pfennig opfern.
Angegeben ist der Consekrator des Kirchleins bezw. des Altars nicht. Es ist aber anzunehmen, daß, nachdem das Kirchlein im Eigentum der Stiftsherrn von Osterhofen gestanden, dasselbe auch vom Bischof von Passau geweiht wurde, und das wäre Ulrich III. der Edle von Nußdorf gewesen (1451 – 1479). Hiebei scheint die Kapelle bezw. der Altar seinen bisherigen Titel-Patron, den Apostel Thomas, mit dem hl. Thomas, Bischof von Canterbry, vertauscht zu haben. Daß dem so sei, ergibt sich daraus, daß wohl der Aposteltag, nicht aber das Fest des Thomas von Canterbury in der Kapelle festlich begangen wurde. Die Gottesdienstordnung der Pfarrkirche Pfelling, welche der Taufmatrikel am Anfange beigeschrieben ist, enthält nämlich folgenden Eintrag: 21. Dezembris. Thomae Apostoli – Peragitur officium et concio trans Danubium in Entau = Am 21. Dezember. Tag des Apostels Thomas Amt und Predigt über der Donau in Entau. Eine weitere Notiz im Anschlusse an die alte Gottesdienstordnung, die Beschreibung der Pfellinger Kirche, besagt über die Kapelle in Entau Nachstehendes: Cis Danubium apud villam vulgo der Hienlhof dicta est capella in honorem S., Epi. et M. Thomae Cantuariensis exstructa non dotata. in qua ex consuetudine in festo S. Thomae Apli. et feria post Ascensionem Dei Sacrificium peragitur. Titulus altaris non phanati modo autem pro phanati est idem qui Ecclesiae = Über der Donau bei dem Herrenhofe, gewöhnlich der Hienlhof geheißen, ist eine Kapelle zu Ehren des hl. Bishofes und Martyrers Thomas von Canterbury erbaut, welche keine Dos hat. In derselben wird aus Gewohnheit am Feste des hl. Apostels Thomas und am Tage nach dem Feste der Himmelfahrt des Herrn der Gottesdienst gehalten. Der Titel des Altars, welcher nicht entweiht war, vor kurzem aber exekriert, ist der nämliche wie der der Kirche. Diese Notizen stammen aus der Hand des P. Albert März von Oberaltaich, der 1645 – 1658 die Pfarrei Pfelling vom Bogenberge aus verweste. 1633 plünderten die Reiterscharen Bernhards von Weimar, welche im Kloster Oberaltaich ihr Standquartier aufgeschlagen, die ganze Umgebung rechts und links der Donau und schändeten die Kirchen. Auch die Pfarrkirche von Pfelling wurde, wie aus den alten Rechnungen hervorgeht, geplündert und die vier Altäre zerschlagen. Der Altar in der Kapelle in Entau muß aber erst beim letzten Einfall der Schweden im Jahre 1848 exekriert worden sein.
Im Hauptstaatsarchiv in München ist unter Regensburg, Reichsstadt, eine nicht vollständige Matrikel: Registrum decanatuum et ecclesiarum parochialium per Civitatem et Diöcesim Ratisponensem, welche über die Kapelle in Entau eine interessante Notiz enthält: Pföling scte. Margarethe; decoll. abbatis in Nydernaltach. Una sepultura. Item capellam S. Thomae Cantuariensis in Hornhof trans Danubium; ibi missa hebdomatim = Pföling der hl. Margaretha, Verleihungsrecht der Abt von Niederaltaich. Eine Sepultur. Ebenso hatte die Kapelle des hl. Thomas von Canterbury am Hörnlhof, über der Donau, dortselbst Wochenmesse. (Diese Notiz verdankt der Verfasser der Mitteilung des Pfarrers Biendl von Waltendorf.)
Eine weitere sehr interessante Notiz enthält das Regensburger Visitationsprotokoll vom Jahre 1589. Pföling, plebanus Erhardus Martin de Eger diöces. Ratisb., 29 annos natus, tres annos Sacerdos, Ratisbonae, sub dominio liberi de Degenberg, collector parochiae : praelatus de Nideraltaich. Capella nominata „zum Hörlhoff“, trans Danubium sub dominio (claustri) Monasterii Osterhouen. agricola (possesor) primum rudis, deinde amicus = Pföling, Leutpriester Erhard Martin von Eger, Diözese Regensburg, 29 Jahre alt, 3 Jahre Priester unter der Herrschaft des Freiherrn von Degenberg. Die Pfarrei vergibt der Prälat von Niederaltaich. Die Kapelle, genannt zum Hörlhoff, über der Donau, unter der Herrschaft des Klosters Osterhofen stehend. Der Bauer (Besitzer) anfänglich grob, dann freundlich.
Wir wissen nicht, wer diese Visitation vorgenommen hat, ob ein Herr des Domkapitels aus Regensburg oder der Erzdekan von Ponndorf. Aber den groben Vilicus kennen wir ganz genau. Es war Michael Schreiber, dessen Familie 1525 vom Abte Stefan Wiesinger in Osterhofen gegen eine Verehrung von 230 fl. das Erbrecht auf den Klosterhof erhalten, laut Erbrechtsbrief vom Freitag nach Laurentitag, des hl. Martyrers, als man zelt unsern liben herrn geburt Tausend fünfhundert und im fünfundzwanzigsten Jahr.
Diese Erbrechtsverleihung war eine ungültige, weil einseitig vom Abte ohne Bewilligung seines Conventes und des Vogtherrn, des Herzogs, ausgestellt und bildete im Streite um den Hörnlhof 1594 eine wichtige Rolle.
Der genannte Michael Schreiber trieb auf seinem Kloster eine große Mißwirtschaft, er baute nur mehr ein Drittel seiner Äcker an, schlug, um Geld zu gewinnen, den schönen Wald nieder. Ließ das Haus und die Wirtschhaftsgebäulichkeiten verwahrlosen, machte auf den Hof 1000 fl. Schulden.
Unter diesen Umständen trachtete der neue Abt Michael Vögele (26. 5. 1593 – 19. 1. 1604) den alienierten Hiendlhof um jeden Preis wieder an das Kloster zu bringen. Schon dessen Vorgänger, Abt Johann VIII., hatte den ungültigen Erbrechtsbrief von dem Schreiber abgefordert. (Siehe des Näheren: Die Geschichte des Hörnlhofes in Entau von Pfarrer Simon Straßer.) Wir können es begreiflich finden, daß der Mann gegen die geistlichen Visitatoren auf seinem Hofe sehr mißgestimmt wurde.
Da erschien eines Tages schon wieder ein anderer, um seine Kirche zu visitieren. Die Verhandlung mochten sich etwa in dieser oder ähnlicher Weise abgespielt haben: Der hochwürdigste Herr betritt die Stube, in welcher die Bäuerin und ihr Bub, der Michel, sich am Herde befinden. „Grüß Gott, liebe Frau! Ist der Bauer nicht zu Hause? Ich hätte mit ihm was wichtiges zu sprechen.“ – „Der Bauer wird nicht weit sein. Geh, Micherl, schrei ihm amol!“ Michel läuft hinter den Stadel aufs Feld. „Voter, hoam gehen sollst glei!“ – „Was gibts denn schon wieder?“ – „A fremder Herr is doa.“ – „Was will denn der?“ – „I woaß nöt, geh no hoam, nacher siehgst ’s scho.“
„Grüß Gott, Hörnlbauer!“ – „Ja, woas gibt’s denn?“ – „Ich möcht ehna Kirch ansehen.“ – „Schickt ehna der von Osterhofa auffa? Mir wars gnua. In meiner Kircha hoat niemand niax drin z’toan.“ – „No net gleich so heiß, Hörnlbauer. Mich schickt der Herr Kardinal, der Bischof von Regensburg. Ich muß alle Kirchen visitieren. Ich war auch schon in Pfelling und komme gerade über die Donau. Ihr habt’s ja einen ganz jungen Pfarrer.“ – „Ja, der is weit herkouma. Es will ihm alleweil nöt recht g’fallen.“ – „Er wird sich halt erst an die Leute gewöhnen müssen. Im übrigen haben wir in Regensburg denselben dem Herrn Abt Augustin von Niederaltaich besonders empfohlen. Nicht wahr, Herr Hörnlbauer, jetzt wollen wir uns halt doch eure Kapelle anschauen. Mir ist es vor allem darum zu tun, Nachschau zu halten, ob der Altarstein noch unversehrt. Es muß doch euer Herr Pfarrer in eurem Kirchlein die hl. Messe lesen.“ – „Ja, dössell schon. Aolle Freida kimmt er umma.“ – „Also, Hörnlbauer, die Kapelle hätte ich jetzt gesehen. Am Altar fehlt nichts, aber die Dacherei dürft’s halt bald richten lassen.“ – „Ja, Hochwürden, dös war‘ schon recht, aber ’s Geld will alleweil nöt g’langa. Es san halt die Zeiten für an Bauersmo schlecht. Das Kloaster drunten, der Pfarrer, die Regensburger Herrn nehma an‘ fast ’s ganz Droat weg.“ – „Nun ja, mein lieber Hörnlhofbauer, es wird a wieder besser werden. Nur fest auf Gott vertrauen!“ – „Hoffa tammer es.“ – „Also behütt ehna Gott, lieber Hörnlhofbauer!“ – „Pfüatt Gott, Herr Hochhwürden! Kehrns fein wieder ein, wenn’s ebba später des Wegs kumma solln.“
Die echt bajuwarische Grobheit und Geradheit muß auf den hochwürdigen Herrn Visitator Eindruck gemacht haben, weil wir einen Niederschlag davon in seinem oben angeführten Visitationsprotokolle verewigt finden.
Die Lesung einer Wochenmesse wird wohl aufgehört haben, als der letzte Weltpriester, Pfarrer Hallwax, 1642 die Pfarrei Pfelling verließ und 1642 –1758 die Benediktinerpater aus Oberaltaich von Bogenberg die Pfarrei Pfelling nebst Welchenberg versahen. Dieselben kamen ja nur an den Sonn- und Festtagen und zu sonstigen einfallenden Gottesdiensten, Trauungen und Leichen nach Pfelling. Da der Pfellinger Pfarrhof seit dem Schwedeneinfall 1633 baulich so schlecht, daß Pfarrer Gregor Hallwax ihn nicht mehr bewohnen konnte, und auch wegen der Ungunst der Zeitverhältnisse nicht mehr hergestellt worden war, mußten die Benediktinervikare von Bogen aus die Pfarrei pastorieren. In Pfelling selbst hatte der Abt nur für seine Patres im Mesnerhaus ein Stübchen einbauen lassen zum Absteigquartier. Die Patres werden zur wöchentlichen Messe nicht mehr auf den Hiendlhof gekommen sein.
Zwischen 1646 – 1676 hauste auf dem Hiendlhofe ein sehr tüchtiger Maier, Georg Gierl. Er war auch ein Wohltäter der Pfarrkirche und seiner Kapelle. P. Emeram Soldan hat in die Sterbematrikel folgenden Nachruf gesetzt: Es ist gestorben Georg Gierl, Bauer auf dem Hiendlhof zu Entau, drei Wochen vor seinem Tode durch den Empfang des Allerheiligsten Altarssakramentes gestärkt, in einem Alter von ungefähr 70 Jahren. Er stiftete zur Pfarrkirche 100 fl., zur Seelenkapelle 25 fl. In der Kapelle zu Entau ließ er einen Altar zu Ehren des hl. Thomas von Canterbury, Blutzeugen und Bischofs, erstellen, weshalb mit Recht bei den Verkündigungen der Verstorbenen dieses großen Wohltäters Erwähnung zu machen ist.
Wie wir schon vernommen, wurde der Altarstein durch die Schweden zertrümmert. An Stelle desselben wurde ein Altare portatile eingelegt, wie das gleiche mit den Altären in der Pfarrkirche geschah.
Spätere Notizen über die Kapelle am Hörnlhof.
Pfarrer Josef Hofmann, der 1782 – 1789 die Pfarrei Pfelling versah und als Pfarrer von Irlbach gestorben, hat das in hiesiger Pfarregistratur befindliche Salbuch angelegt. In demselben findet sich von seiner Hand nachstehende Notiz:
Die hiesige Pfarr- und Mutterkirche hat neben sich keine Filialkirchen. Am Hiendlhofe ist zwar eine Kapellen, hat aber keine Fundation und muß solche der dortige Bauer Benno Groll auf seine Kosten unterhalten. Man kommt das Jahr dreymal von Pfelling hinüber: nämlich am Fest des heiligen Apostels Thomas, an diesem Tag wird alldorten der Gottesdienst gehalten, wo die Pfarrkinder auch erscheinen. Der Bauer pflegt nach geendigtem Gottesdienst dem Herrn Pfarrer und Schulmeister auf den Mittag einzuladen. Ich glaube aber nicht, daß es aus einem Recht oder Schuldigkeit geschehe, wie auch am Fest des heiligen Thomas Kantelberg, welches einfällt den 29. Dezembris; denn diesem Heiligen ist die dortige Kapelle besonders geheiligt und gewidmet. An diesem Tag wird alldort das Patrozinium begangen und Messe gelesen, für welche der dortige Bauer 36 kr. zahlet. Entlich wird auch in dieser Kapelle an dem sogenannten Schauerfreitag der Gottesdienst gehalten, und speiset der Bauer den Herrn Pfarrer und den Schulmeister wieder aus.
Benno Groll hatte den Hiendlhof von 1788 –1823 inne.
In früherer Zeit war am Feste des hl. Thomas von Canterbury kein Gottesdienst. Es scheint, daß erst mit dem Aufzuge von Weltpriestern 1758 die Pfarrer aus bloßer Gefälligkeit gegen die Familie Groll dortselbst in ihrer Kapelle das Patrozinium begingen. Die Gottesdienstordnung für die Pfarrei von Pfarrer Hofmann hat für den 29. Dezember die Bestimmung: Am Feste des hl. Thomas von Kantelberg wird die hl. Messe am Hiendlhof gelesen und das Patrozinium alldort begangen, zahlt der dortige Bauer 36 kr. für die Messe. Pfarrer Leonhard Siegert ergänzt diese Nachricht dahin: Jetzt aber seit 1856 zahlt man gemäß Übereinkommen mit dem gegenwärtigen Besitzer Jakob Maier für ein Amt 1 fl. 38 kr. und für eine hl. Messe 36 kr.
Geschichte der Kapelle und des Hofes von der Aufhebung des Prämonstratenserstiftes Osterhofen bis zur Gegenwart.
Das Prämonstratenserkloster Osterhofen wurde am 29. Dezember 1783 aufgehoben, dessen Besitz und Vermögen dem adeligen Damenstift in München überwiesen. Was an Vogt- und Grundrechten diesseits der Donau lag, kam zum Herrschaftsgerichte Osterhofen, was jenseits war, zum Herrschaftsgerichte Ranfels. Das Ganze wurde durch einen eigenen Damenstiftspfleger verwaltet, der die Gerichtsbarkeit ausübte und im Klostergebäude seinen Wohnsitz hatte. Die Klosterhöfe in Entau, der Steighof Hs.Nr. 55 und Hs.Nr. 53 und 54, der Hörnlhof mit Kapelle wurden damit dem Damenstift Osterhofen grundbar. Die Kapelle ging in den Besitz des weltlichen Damenstiftes bezw. des Leheninhabers, damals des Bauern Mathias Groll, über.
Abt Michael, der 57. in der Reihenfolge der Hirten von Osterhofen, welcher 17. Juli 1784 gestorben war, ist der letzte geistliche Eigenkirchenherr der Kapelle des hl. Thomas von Canterbury gewesen.
Damit hörte für den jeweiligen Pfarrer von Pfelling die freiwillige Verpflichtung auf, in dieser Kapelle, etwa auf Rücksichtnahme des Herrn von Osterhofen in dessen Kapelle am Hörnlhof die von altersher gebräuchlichen Gottesdienste am Thomastage zu halten, zumal da durch kurfürstliche Entschließung vom 14. Dezember 1772 die Aposteltage zu den abgewürdigten Feiertagen zählten, an denen die Verpflichtung zur Anwohnung der hl. Messe nicht mehr bestand. Der Thomastag wurde demnach in der Hörnlhofkapelle für das Pfarrvolk nicht mehr begangen. Am Tage des hl. Thomas von Canterbury war ohnehin die Feier des Patroziniums nicht gebräuchlich gewesen. Dagegen wurde am Schauerfreitag noch das Bittamt in der dortigen Kapelle gehalten oder dort bei dieser Gelegenheit die hl. Messe gelesen. Ab 1890 unter Pfarrer Bartholomä Mitterer hörte auch dieses auf. Es war der ganze noch restige Hörnlhof der vollständigen Zertrümmerung verfallen. Der Flurumgang am Schauerfreitag wird seit dieser Zeit in der Weise begangen, daß die Ortsgemeinde Pfelling um 5 Uhr ein Schaueramt lesen läßt. Dann geht die Flurprozession nach Anning, woselbst beim Dorfkreuze das erste Evangelium gesungen wird, dann bewegt sich die Prozession nach Liepolding, woselbst das zweite Evangelium gehalten wird, von dort kehrt dieselbe über Bernloh nach Pfelling zurück; am Dorfeingange das dritte Evangelium. Dann setzt die Prozession mittels des Farmes über die Donau und bewegt sich bis zum Wirtshause in Entau, woselbst das vierte Evangelium gesungen wird. Über den Hiendlhof kehrt dieselbe dann zur Pfarrkirche zurück bis gegen 9 Uhr vormittags. Bei der Kapelle am Hiendlhof wird nicht mehr gehalten. In früherer Zeit ward hier das Bittamt gehalten. Der Pfarrer wiederholte in Entau das 4. Evangelium und summierte die Hostie, welche im Speisbeutel während der Prozession mitgetragen worden war. Nach Beendigung des Gottesdienstes löste sich die Prozession auf.
Der Verfasser dieser Abhandlung hat nur ein einzigesmal während 16 Jahren auf Ansuchen des Söldners Wolfgang Weinberger, welcher derzeitig auf dem ursprünglichen Hiendlhof haust, in der Kapelle eine hl. Messe gelesen. Die Kapelle hat keinen Kelch, noch Paramente. Es müßte alles von der Pfarrkirche mitgenommen werden. Der 1912 verstorbene Benefiziat Math. Obermaier hat zur Kapelle ein einfaches weißes Meßgewand vermacht.
Weiteres Schicksal der Kapelle.
Der letzte, welcher den Hörnlhof erbrechhtsweise inne hatte, war ein gewisser Franz Dünzinger, gebürtig aus Piering, Pfarrei Oberpiebing, gewesen. Derselbe heiratete 11. Dezember 1826 die Witwe Franziska Groll, dessen Familie seit 1749 auf dem Hiendlhof gehaust hatte. Die Ehe war eine sehr unglückliche. Der Mann verließ das ungetreue Weib und den Hof, stellte Klage auf Ehescheidung (1835). Das Damenstift zog nunmehr seine Erbgerechtigkeit ein. Und den Hof kaufte Graf Hugo auf Steinburg-Irlbach um 26 000 fl. nebst der Kapelle. Die Irlbacher übertrugen ihren neu erworbenen Hof wiedertäuferischen Familien als Pächtern. Der Besizer der Kapelle war ein Forense; die Verwalter Akatholiken. Durch diesen Umstand wurden selbstverständlich die bisherigen Beziehungen des Pfarrvorstandes von Pfelling zum Hofe und zur Kapelle gelöst. Die Kapelle mußte auch baulich verfallen. Denn wer hätte sich für dieselbe interessieren sollen?
1856 zertrümmerte der Graf von Irlbach den Hof. Den 107 Tgw. großen Wald zog er zu seinem Schlosse. Die auf der Donauseite gelegenen Felder und Wiesen, 63 Tgw., kaufte der Gastwirt Buchner von Hermannsdorf um 12600 fl. Den Hof selbst mit Nebengebäuden und Kapelle zu noch 183,78 Tgw. Feldern und Wiesen und einem kleinen überlassenen Waldteil zu 15 Tgw. kaufte ein gewisser Jakob Maier um den Preis von 26 000 fl., um welche Summe 1838 der Herr Graf Bray-Steinburg den ganzen Güterkomplex zu 365,93 Tgw. vom bayer. Fiskus erworben hatte. Mit dem Aufzuge des neuen Besitzers Jakob Maier war auch für die verlassene Kapelle am Hiendlhof eine bessere Zeit wieder angebrochen, wie aus einer Notiz des Pfarrers Leonhard Siegert im Salbuche hervorgeht. Dieselbe hat folgenden Wortlaut: Auf bittliches Ansuchen des sogenannten Sophienhofes (Der Hiendlhof wurde so nach einer Comtesse der Jrlbacher umgetauft. Bemerkung des Verfassers) in Entau wurde am 12. Oktober 1856 Vormittags 9 Uhr dort das Kirchweihfest gefeiert, und ein hl. Amt mit Lehre gehalten. Wegen Abhaltung des Pfarrgottesdienstes zu Pfelling mußte ein Geistlicher aus der Nachbarschaft bestellt werden, den obiger Haus- und Hofbesizer Jakob Maier 1 fl. 30 kr. und 6 kr. für zwei Ministranten bezahlen mußte. Es ist das keine Schuldigkeit für den zeitlichen Pfarrer, weil ein Kirchweihfest von jeher nicht gebräuchlich war. Es geschah dieser Liebesdienst dem Eigentümer des dortigen Kirchleins zulieb, weil er als ein religiöser, gottesfürchtiger Mann dieses ruinöse Kirchlein ganz renovieren ließ, und auch das Altarblatt, sowie ein Antipendium, Kreuzweg und andere Bildnisse theils neu herstellte, theils noch herstellen will.
Jakob Maier hatte den Hiendlhof ungefähr 6 Jahre inne; da drohte der Kapelle noch einmal das Geschick, an eine ausländische protestantische Familie überzugehen und damit schließlich der Untergang. 1866 ging nämlich der Hof in die Hände eines gewissen Ernst Friedrich Theobald und Consorten über. Wie das zuging, davon machte dem Verfasser dieser Abhandlung Herr Dr. Theobald, Oberarzt in der Heilanstalt Eglfing bei München; ein Sohn des Ernst Friedrich Theobald, welcher sich für die kinderreihe Hörnlhofbäuerin Maria Fischer, welche mit 72 Jahren dem 27. Kinde das Leben schenkte, sehr interessierte, Mitteilung.
Es stellte sich heraus, daß der sogenannte Hiendlhof in frühester Kinderzeit die Heimat oben genannten Arztes war. Darüber berichtete derselbe dem Verfasser nachstehendes: Mein verstorbener Vater Ernst Friedricch Theobald war als Essenerjäger unter anderen zu den Feldzügen 64 und 66 eingezogen und hat bei dieser Gelegenheit um diese Zeit herum die Gegend von Entau kennen gelernt. Wie er erzählte, sangen eines Morgens in seinem Quartier von Entau die Vöglein am Waldesrand derart schön, daß er kurz entschlossen das eben angebotene Gütchen kaufte, es waren, glaube ich, 70 Tagwerk. Ganz unkundig der Verhältnisse und noch ganz fremd in der Gegend, hat er allerdings nach 5 – 6 Jahren das Besitztum wieder aufgeben müssen. Mein Bruder, Professor Dr. E. Theobald, Nürnberg. Göthestr., ist älter als ich und wird mir Aufschluß geben.
Friedrich Theobald scheint übrigens den Hof von einem gewissen Josef Loibl erkauft zu haben, der auch ein paar Jahre auf demselben hauste (1862 – 66). In den siebziger Jahren ging nun wieder der Hof in Teile. Aus dem bisherigen Nebenhofe Hs.Nr. 54 wurde ein steinernes Haus unmittelbar an die Kapelle angebaut, auf welches eine Familie Weber aufzog und den meisten Teil der Gründe von dem ursprünglichen Haupthofe zum neuen Hof schlug. Der Haupthof ward nur mehr eine Sölde. Es siedelten sich nun in Sophienhof weitere 3 Söldner an, welche sich von dem Hörnlhofe Gründe erkauft. Die Kapelle ist gemeinsames Eigentum des Johann Prebeck, Bauers in Entau, auf dem neuen Hofe, und des Söldners Georg Weinberger auf dem alten Hiendlhofe. Diese beiden haben die Kapelle baulich zu unterhalten. Vor Ausbruch des Krieges wurde dieselbe einer inneren Restauration durch einen Maler aus Metten unterzogen.
Zum Schlusse seiner Abhandlung muß der Verfasser auf den Patron der Hörnlhofkapelle zurückkommen.
Es war schon bemerkt worden, daß diese Eigenkirche ursprünglich den hl. Apostel Thomas zum Patrone hatte und daß an diesem Tage, solange er noch als voller Feiertag begangen wurde, in Entau der Pfarrgottesdienst stattgefunden hat, während der Tag des hl. Thomas von Canterbury dortselbst nicht gefeiert wurde. Es kam bisweilen vor, daß eine Kirche einen anderen Patron erhielt und das ist auch bei diesem Kirchlein der Fall. Nach der Notiz von Sittersberger wurde 1469 die Kapelle und der Altar im Hiendlhof dem hl. Thomas von Canterbury zu Ehren konsekriert.
Der 7. Altar in der ursprünglich romanischen Kirche zu Osterhofen wurde 1248 dem hl. Martyrer Thomas von Canterbury und Sabinus geweiht. Und so ist es erklärlich, daß die Kapelle in Entau durch den Eigenkirchenherrn, den tüchtigen Abt Johann IV. Schilt von Regensburg (1461 – 1484), bei ihrer Konsekration diesen Heiligen, der in der Mutterkirche schon Verehrung genoß, erhalten hat. Das Patronat ist in Deutschland äußerst selten. Dem Thomas von Canterbury ist in der Diözese Regensburg diese einzige Kapelle geweiht.
Kurze Lebensgeschichte dieses Heiligen.
Thomas Becket, Erzbischhof von Canterbury und Martyrer, geb. 21. 2. 1118 zu London, gest. 29. 12. 1170 zu Canterbury in England, stammte aus einer Kaufmannsfamilie. Studierte in London und Paris, trat frühzeitig in die Dienste des Erzbischofs Theobald von Canterbury. 1154 wurde er Erzdiakon, nachdem er vorher noch in Bologna und Auxerre sich mit juristischen Studien befaßt hatte. 1155 wurde er vom König Heinrich II. von England zum Lordkanzler ernannt. Er bewegte sich anfangs in der Vertretung der Kronrechte gegenüber der Kirche auf schwankendem Boden. Nachdem er auf Betreiben des Königs selbst auf den Primitialstuhl von Canterbury (1162) erhoben worden, kam er wegen seines entschiedenen Eintretens für die Exzeption des Klerus von der bürgerlichen Gerichtsbarkeit und für die Unantastbarkeit des Kirchengutes in Konflikt mit seinem König. Die auf der Reichsversammlung zu Claredon Anfangs Januar 1164 ihm abgenötigte Zustimmung zu den 16 Artikeln der die kirchliche Freiheit schwer schädigenden kgl. Konstitutionen bereute er bald tief, wandte sich in seinen Gewissensvorwürfen an den Papst, der sein Benehmen entschuldigte und ihm die hl. Messe, welche er sich nicht mehr zu lesen getraute, wieder zu lesen befahl.
Die Gesinnungsänderung seines Kanzlers belegte zunächst der König mit schweren Geldstrafen. Eine Klage wegen Hochverrates stand dem Erzbischofe bevor. Allen weiteren Bedrängungen entzog er sich durch die Flucht nach Frankreich, wo er in Sens mit Papst Alexander III. zusammentraf.
Nachdem der Hohenstaufe Friedrich Barbarossa gegenüber dem rechtmäßig gewählten Alexander am 7. September 1159 in Viktor IV. einen Gegenpapst aufgestellt, mußte Alexander vor den kaiserlichen Soldaten aus Rom flüchten. Er ging zunächst nach Genua, wo er sich zwei Monate aufhielt, dann nach Montpellier in Frankreich, wo er im Mai 1163 eine große Kirchenversammlung abhielt und über die Freiheit und Einheit der Kirche wichtige Bestimmungen traf. Zu diesem Konzil war auch der durch den Befehl des Königs Heinrich II. von England zum Erzbischof von Canterbury gewählte Hofmann und Günstling Thomas Becket erschienen. Er empfing vom Papste Alexander die Bestätigung der Wahl und zeigte als Erzbischof einen gänzlichen Umschwung seiner Lebensführung und Änderung seiner bisherigen Anschauungen, sodaß sich der König sehr enttäuscht fand. Seine nun kundgegebene kirchliche Richtung brachte den neuen Erzbischof in schweren Konflikt mit seinem königlichen Herrn, wie wir schon oben gesehen.
In Frankreich fand derselbe den Schutz des Königs Ludwig VI., von welchem Heinrich II. die Auslieferung verlangte, welche ihm verweigert wurde. Unter sicherem Geleite des französischen Königs begab sich Thomas Becket zu Papst Alexander III., um Rechenschaft darüber abzulegen, wie es mit den kirchlichen Angelegenheiten in England stünde. Der Papst billigte sein Verhalten, nahm indes die angebotene Resignation nicht an.
Thomas Becket fand ein Asyl bei den Cisterziensern in Pontigny, dem zweiten Hauptkloster. Aber auch dort verfolgte ihn der Haß seines Königs. Zunächst wollte er seinen früheren Kanzler bitter kränken durch den Anblick der Not und des Elendes seiner aus dem Heimatlande vertriebenen Angehörigen. Dann ließ er dem Generalabte melden, er werde den Orden der Cisterzienser aus England vertreiben, wenn Thomas noch länger in Pontigny beherbergt werde. Um dem Orden nicht zu schaden, verließ Thomas sein bisheriges Asyl.
Der Papst ersuchte den König von Frankreich um Vermittlung beim König von England. Es fand eine Zusammenkunft in Sens in Frankreich statt, bei welcher auch Thomas von Kandelberg erschien. Mit aller Ehrfurcht nahte er sich seinem König und Herrn. Bei seiner Unterwerfung machte er aber den Vorbehalt: unbeschadet der Ehre Gottes. Heinrich II. wurde hiedurch aufs neue gereizt und warf ihm Hochmut und Undankbarkeit vor. Selbst der König von Frankreich nahm Partei gegen ihn mit den Worten: „Herr Erzbischof! Wollt Ihr mehr noch als heilig sein?“
1170 durfte Thomas auf seinen bischöflichen Stuhl nach 7jähriger Abwesenheit zur allgemeinen Freude seines Volkes zurückkehren. Aber sowohl beim König, der seinen Groll nicht ganz abgelegt, als auch bei den Großen am Hofe und bei seinen ihm untergebenen Bischöfen fand er nicht so günstige Aufnahme. Er war genötigt, drei Bischöfe wegen ihrer durchaus unkirchlichen Haltung zu excommunizieren. Als sich diese beim König beschwerten, geriet derselbe in höchste Wut und rief aus: „So kann ich denn in meinem Reiche vor einem einzigen Pfaffen keine Ruhe haben!“ Einige anwesende Höflinge glaubten, sie würden dem Könige einen Gefallen erweisen, wenn sie den Erzbischof beseitigten. Und so verschworen sich vier zur Ermordung des Thomas Becket. Sie überfielen den aus seinem Hause mit einigen Mönchen in die Kathedrale flüchtenden; beim kanonischen Gebete forderten sie unter Todesandrohung die Aufhebung des Bannes der Bischöfe.
Der Erzbischof erwiderte: „Wie kann ich sie lossprechen, da sie keine Genugtuung geleistet? Ich bin bereit, für meinen Herrn zu sterben, damit die Kirche die Freiheit erlange und den Frieden.“ Da schlug ihn einer mit dem Schwerte auf den Scheitel. Thomas wischte sich das Blut ab von der Stirne, dankte Gott und sprach: „In Deine Hände, o Herr, befehl ich meinen Geist!“ Dann versetzten ihm zwei andere auch Schwertstreiche und zuletzt bohrte der Vierte dem Sterbenden mit dem Schwerte in den Schädel, sodaß das Gehirn das Pflaster bespritzte.
Hierauf ward die Wohnung des Gemordeten geplündert und sein junger Bedienter, der über den Tod des Erzbischofes geweint hatte, niedergestochen. Die Freveltat geschah am 29. Dezember 1170. Der König Heinrich Il. war von der Nachricht der Ermordung seines Erzbischofes sehr erschüttert. Er hatte ja durch seine Äußerung indirekt Anlaß gegeben. Er schloß sich drei Tage ein. Seine Angst, daß der Papst ihn mit dem Kirchenbanne belegen werde, und die Sorge, daß man ihn allgemein als Mitschuldigen betrachten werde, veranlaßten ihn, daß er der Kirche alle Rechte und Freiheiten zurückstellte, für welche Thomas von Canterbury gestritten und gelitten hatte. Das Volk wallfahrte zum Grabe seines Bekennerbischofes und es geschahen dortselbst Wunder, sodaß Papst Alexander III. schon 1173 ihn als Martyrer der Kirchhe heilig sprach. Der König selbst zog barfuß zu dessen Grabe und erhielt im Kampfe gegen seinen rebellischen Sohn durch die Fürbitte des Heiligen wider Erwarten Hilfe. Die Mörder wurden von Gott sichtbar gestraft. Denn anstatt durch ihre Freveltat die Gnade des Königs zu erlangen, wurden sie von ihm und von ganz England als Scheusale verabscheut. Von den Menschen und ihrem bösen Gewissen verfolgt, irrten sie überall flüchtig umher, ihre Bosheit bereuend.
1223 wurden die Gebeine des Heiligen übertragen.
Die Annalen von Osterhoven, M. G. G. XVII Seite 543, enthalten hierüber nachstehende Notiz: 1220 (falsch 1223) sanctus Thomas Cantuariensis episcopus et martyr ab Honorio papa missis cardinalibus translatus est. = 1220 wurde der heilige Thomas von Canterbury, Bischof und Martyrer, übertragen. Von Papst Honorius wurden Kardinäle geschickt.
Der berüchtigte König Heinrich VIII. von England ließ Thomas von Canterbury als Hochverräter nachträglich verurteilen und sein Grab schänden und seine Asche zerstreuen (1158), nachdem drei Jahrhunderte hindurch Tausende von Pilgern dorthin gewallfahrt waren.
Verehrung des Heiligen in Deutschland.
Denselben verehrten die Cisterzienser, was erklärlich, da ja der Heilige in einem ihrer Hauptklöster gastliche Aufnahme gefunden. Aber auch die Prämonstratenser erbauten demselben Altäre und Kirchen, wie bereits von Osterhofen erwähnt worden ist.
Auf eine Umfrage in den Deutschen Gauen, an welchen Orten sich die Verehrung dieses Heiligen in Deutschland nachweisen läßt, sind nachstehende Antworten eingegangen:
1. Die um 1190 erbaute Neumarkskirche in Merseburg hatte Thomas von Canterbury zum Patron.
2. Der Dom zu Braunschweig enthält in seinem Bilderzyklus, der im Laufe des 13. Jahrhunderts nach und nach entstanden sein mag, in der dritten Reihe der südlichen Wand Szenen aus dem Leben des hl. Thomas Becket.
Die Beziehung dieses Bischofes zur Stiftskirche in Braunschweig war gegeben durch Mathilde, der Gemahlin des Erbauers Heinrich des Löwen, dessen Schwiegervater, König Heinrich II. von England, die Ermordung des Erzbischofes Thomas von Canterbury verschuldet, aber auch gebüßt hat. (Siehe: Michel, Geschichte des deutschen Volkes, Bd. V S. 349.)
3. Die Pfarrkirche zu Neustadt im Schwarzwald in Baden war nach Urkunde vom 30. 9. 1466 dem Thomas von Canterbury geweiht. Erwähnt wird die Kirche erstmals 1275. Die Kirche wurde wohl gleichzeitig mit der Stadt gegründet. Der Umstand, daß 1223 die Übertragung des Thomas Becket stattfand, macht es wahrscheinlich, daß die Gründung der Stadt und Kirche noch in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts zu setzen ist. Gegründet wurden beide, Stadt und Kirche, möglicherweise von Egino V. von Urach (+ 1237) oder von dessen Sohn, dem Grafen Heinrich I. von Fürstenberg, der auch die Stadt Vöhrenbach (Baden) 1244 anlegte.
Daß der Gründer der Stadt und Pfarrkirche auf Thomas Becket verfiel, ist dadurch zu erklären, daß das Haus Urach (Freiburg-Fürstenberg) einen Heiligen des Cisterzienser-Ordens hervorbrachte, den Grafen Konrad von Urach, Kardinalbischof von Porto (+ 1227), und daß die Cisterzienser besonders die Verehrung des Thomas Becket verbreiteten; hat dieser doch als Flüchtling sich bei den Cisterziensern in Frankreich 1164 – 1166 aufgehalten.
Die Pfarrkirche in Neustadt im Schwarzwald hat übrigens ihren Patron Thomas Becket verloren und den Apostel Jakobus den Ältern erhalten. Es ist zu vermuten, daß dieses um 1500 unter dem Pfarrer Johann Hennsler geschah, der eine Wallfahrt nach Compostella gemacht. (Mitteilungen des H. Dr. Bahr in Donaueschingen.)
4. Auf die Prämonstratenser in Ursberg (Schwaben) ist es ebenfalls zurückzuführen, daß die zu diesem Kloster gehörige Filialkirche Edenhausen Thomas Becket zum Kirchenheiligen erhielt.
5. In Salzburg wurde am 17. 3. 1178 eine der in den Mönchsbergfelsen eingehauenen Kapellen im Sct. Petersfriedhofe zu Ehren der Hl. Gertraud von Nivelles, Patritius und Thomas von Canterbury geweiht. (Metzger, Historia Salisburgensis 1692, Seite 1119.) Heute ist sie Gertraudenkapelle genannt.
6. In der Pfarrkirche Hüttau (Werfen, Sachsen) wurden zwei Seitenaltäre errichtet, deren Altarbilder das Martyrium und die Glorie des hl. Thomas von Canterbury darstellen. Es ist übrigens ein ganz seltenes Beispiel, daß die zwei einzigen Altäre einer Kirche denselben Patron haben und noch dazu einen so ausgefallenen Heiligen. (Mitteilung des H. Staatsarchivdirektors Dr. Martin in Salzburg.)
So gibt uns das einsame und vergessene Kirchlein in Entau, am Donaustrom unfern gelegen, viele Kunde von der Freud und dem Leide längst entschwundener Jahrhunderte und seiner Geschlechter. Gar traumverloren schaut sein spitzes Türmlein aus den alten Erlenbäumen, welche die Gehöfte umrahmen, hervor und wenn der helle Klang des Aveglöckleins ertönt, ist es mir, als wollte es einen Gruß hinabsenden nach der Stiftung, nach der Gründung des Bayernherzogs Ottilos und seiner Gemahlin Helmtrudis, und zu seinen ehemaligen Grundherrn, den weißen Patres auf dem Berge in Osterhofen; als wollte sein wehmütiges Klagen sie wieder hervorrufen aus ihren Grüften.
Quellenangabe: Mon. Winberg. Traditiones. – Bayer. Staatsarchiv in Landshut. – Mon. Boic. Bd. XII ½, 387. – Pfarrarchiv Pfelling. – Deutsche Gaue Bd. 26, 28.
Pastor Thorade in Tettens bei Jever in Oldenburg machte gelegentlich einer Anschrift vom 29. 10. 1928, in welcher, er dem Verfasser um Auskunft über die dem hl. Thomas von Canterbury geweihte Hiendlhofkapelle bat, folgende Mitteilung. In seiner eigenen (früher wohl katholischen) Kirche zu Tettens ist ein Altarbild vom hl. Thomas von Canterbury noch vorhanden, welches Professor Dr. v. Schulze-Greifswald entdeckte und deutete. Auf Anregung eines englischen Forschers suchte und fand Pastor Thorade in Deutschland sichtbare Spuren des Thomas von. Canterbury Kultes in 10 weiteren Orten: Hamburg, Wismar, Doberan, Waase bei Stralsund, Merseburg, Braunschweig, Stockum, Kreis Arnsberg i. Westfalen, Ellen bei Düren i. Rheinlande, Sct. Thomas an der Kyll und im Kloster Seligenthal bei Landshut.
Mit einer Studie dieser Funde, die in England alle überraschte, machte Thorade im Sommer 1928 eine Reise nach England, wo er mit den dortigen Forschern interessanten Austausch darüber hatte. Inzwischen erfuhr derselbe, daß der Thomaskult auch vorkommt in folgenden Orten: Lamspringe in Hannover, Entau, Bez.Amts Straubing, München, reiche Kapelle und Frauenberg in Ostpreußen.
Es wird hiedurch das Ergebnis der Forschungsresultate welches in den Deutschen Gauen (Fr. Frank, Kaufbeuren) erschienen ist bedeutend erweitert und ergänzt.