Mühlhiasl – Leben und Prophezeiungen des Sehers von Apoig

Walter Kolbeck in der Rolle des Mühlhials in der Inszenierung des Spiels auf Lichtenegg im Jahre 2000

Die Mühle in Apoig, Geburtshaus des Matthias Lang.
Die „Wahrheit über den Mühlhiasl

Gibt es überhaupt eine Wahrheit über den legendären Seher des Bayerischen Waldes? Dabei ist schon das Wort legendär umstritten. In einer Veröffentlichung hat der Mühlhiaslforscher Dr. Rupert Sigl vom Straubinger Tagblatt streng darauf hingewiesen, dass der Mühlhiasl keine Legende sondern eine geschichtliche Wahrheit darstellt. In letzter Zeit mehren sich die Ansichten, dass es den Apoiger Müller Matthias Lang zwar gegeben hat, doch sei dieser nicht der im Volke bekannte Mühlhiasl gewesen, habe auch keine hellseherischen Gaben gehabt und keine Prophezeiungen verbreitet.
Wenn das alles stimmt, wer war dann der weithin bekannte Mühlhiasl und von wem stammen die im Volke seit zwei Jahrhunderten weiter erzählten Weissagungen? Verschiedene Autoren haben sich besonders gegen Ende des 20. Jahrhunderts, mit der Gestalt des Mühlhials beschäftigt und ihn und sein Leben und seine Prophezeiungen in verschiedenen Zeitschriften und Büchern veröffentlicht. Ich habe als Chronist der Gemeinde Hunderdorf die Veröffentlichungen und Bücher über den Mühlhiasl gesammelt und will auf deren Inhalt hier eingehen und diese kommentieren. Ob daraus die Wahrheit über den Apoiger Seher zu erfahren ist, überlasse ich den Lesern dieser Dokumentation.

Die ersten schriftlichen Zeugnisse

Über ein Jahrhundert wurden die Weissagungen des Mühlhiasl im Volke von Mund zu Mund weiter erzählt. Dass dabei manches ,verändert, weggelassen und sogar dazu gedichtet wurde, kann man sich denken. Während des 1. Weltkrieges wurde die Prophezeiung des Mühlhiasl von Pfarrer Anton Ederer als eine Art Moritat verfasst. Er war der Ansicht, dass der Mühlhiasl schon 1792 verstorben ist, was geschichtlich untragbar ist. Ederer war kurze Zeit Kooperator in Neukirchen bei Haggn. Das in Versform geschriebene Gedicht am 10. Februar 1949 im Druck veröffentlicht:

Mühl-Hiasl, der Waldprophet

von Anton Ederer, Pfarrer

Menschen können ahnend schauen,
spüren ferne Schreckensdinge,
feinstes Fühlen bebt beim Grauen,
wenn zieht Massentod die Schlinge.

So Matthias Lang, der Waldsohn,
war in Hunderdorf geboren,
Jugend kannte wenig Lichtsonn,
war vorn Glück nicht auserkoren.

In Apoig stand seine Hütte,
ging nach Windberg in die Schule,
lernte Vaterunserbitte,
lernte auch so manche Schrulle.

Säge, Hobel mußt er nehmen,
als er aus der Schul entlassen,
mußte Phantasie eindämmen,
mußte stramm die Pflicht erfassen.

War von Müllern viel geschätzet,
wenn ein Mühlrad war gebrochen,
nach der Arbeit er viel schwätzet
was der Pater hat gesprochen.

In der Kirch hört keiner schärfer,
als Matthias in dem Stuhle,
manches Wort wirkt wie Scheinwerfer,
Kopf dreht sinnend seine Spule.

Leben, Treiben auf der Erde,
gleicht es nicht den Noe-Zeiten?
Noch kanns. halten Gottes Gerte,
doch das -Übel Will sich weiten.

Schon sitzt Gift in heißen Adern,
wirket weiter in die Ferne,
brechen werden Ordnungsquader,
wenn erlöschen Glaubenssterne.

Wagend sitzt der junge Mühlknecht
auf den baumumringten Höhen:
Zerschlaget nur das Gottesrecht,
dann verschlingen Höllenwehen.

Auch die Kirch muß etwas büßen,
hatt zuviel der Größ und Ehre,
darf nicht liegen auf Samtkissen,
opferhart ist ihre Lehre.

Fastenpredigt rief die Leute,
in der Kirch das Volk sich dränget,
Vorhall sperret in der Breite,
Hias fühlt seihe Brust beenget.

»Müßt das Kloster bald verlassen,
gute Mönche tragt das Schicksal!
Seht, Gottlose wolln euch hassen,
jagen euch in Not und Trübsal!«

Patres lachen ob der Sprüche,
Sonderling denkt eigenwillig,
doch Geduld. geht in die Brühe:
»Elias, hinaus‘ Dein Wort ist billig.«

Ärgerlich muß Hias drauß stehen,
ruft noch einmal »Ich komm wieder!
Aber, Patres, ihr müßt gehen,
euer Los ist leidvoll bitter!«

»Kinderköpfe werden schauen
aus der Stallung, die so prächtig.
Wohnungen wird man da bauen,
Räuber Staat ist euer mächtig.«

Klöster will man frech aufheben,
giert nach altem Klostergute.
Neue Menschheit will so leben,
fölgt gar zäh dem Raubtierblute.

Heilig Kreuz, das Wallfahrtskirchlein,
rüstet froh zum großen Feste.
Kreuz Auffindung lockt viel Menschlein,
wollen sein des Herrgotts Gäste.

Patres schreiten auf Kammhöhe,
da kommt Bote tief betroffen.
Treues Volk klagt schmerzvoll Wehe;
»Hiasls Wort läßt Schlimmstes hoffen!«

Kommissäre der Regierung
treiben Patres aus der Wohnung.
Düstre Stunde der Verirrung
kennt nur Raub, will keine Schonung.

Doch der Hias fragt sich verlegen,
bitter schwer ist solch Gespüre,
muß solch dunkle Sichten hegen,
daß der Kopf wird dumpf und wirre.

Der Mühlrichter will jetzt wandern,
Zupfgeig ward ihm froh Begleiter,
Immer drängt es ihn zum Andern,
lenkt dann Schritte immer weiter.

Singt und sagt, daß »Weit verdrehet,
daß gar alles ist verblendet,
wenn nicht andrer Wind bald wehet,
alles Streben hier bald endet.«

Hiasl schritt Wald auf und nieder,
einprägsam war all sein Reden,
manches klang hinein in Lieder,
wie Prophet spann er die Fäden.

In der Mode sah er Abfall
von der Keuschheit, von der Sitte.
Wenn noch weiter geht solch Verfall,
hilft kein Beten, keine Bitte.

Mädchen ihr Geschlecht vergessen,
kleiden sich, als wärn sie Buben,
tun in Frechheit sich dann messen,
immer schlechter wachsen Ruben.

Andre tragen bunte Sachen,
wolln die Eva stark betonen,
alte Trachten das nicht machen,
Eitelkeit sucht Schönheitsbronnen. •

Burschen gieren nach den Weibern,
schmücken sich, um zu gefallen.
Zierrat hängt an ihren Kleidern,
großes Wort sie gern verknallen.

Glaube will gewaltig sinken,
böse Sitt, ein schlechter Führer,
nach dem Scheinglanz will man, blinken,
hören auf den Weltbrandschürer.

Abwärts rutschen alle Völker,
so, wie in den Sintflutstagen.
Sittlichkeit wird schwach und welker,
wann wird Schnitter Tod nachfragen?

Auf der Ofenbank man sitzet,
kommt herein ein großer Flegel,
rauft, bis alles Blut sich hitzet,
bis entscheidet starker Schlegel.

So wird Tod der Bankabräumer,
Ende setzt er losem Schwätzen,
packt den Wachen wie den Träumer,
will mit Blut die Erd benetzen.

Alle fragen; wann wird kommen,
wann wohl werden wirs erleben?
Helfen nicht die Vielen Frommen?
Rettung können sie erstreben.

Bei Apoig ein Haus wird bauet,
frischer Bub will froh hingucken,
Hias ihm eine runterhauet:
»Hör! Wirst bald die Zeit verrucken!«

Nimmer wird das Haus ganz fertig,
bis da kommt das große Sterben,
diese Watsche ist vollwertig,
daß du’s sagest deinen Erben.

Ein Jahrhundert war vergangen,
seit der Hias verließ das Kloster.
Lange währt das Hangen, Bangen,
Welt wird immer mehr verboster.

Hias weiß noch ganz andre Zeichen,
Silbervögel werden fliegen,
Eisenstraßen Hände reichen,
auf den Schienen Wägen liegen.

Werden bellen wie die Hunde,
werden ganzen Wald durchlaufen,
werden künden diese Stunde,
wo dann alle Menschen raufen.

Ohne Pferd wird man kutschieren,
ohne Flügel hoch hinschweben,
dennoch wird das Unheil führen,
da die Menschen böse leben.

Kleiner wird zunächst beginnen,
wird dann große Trübsal schaffen.
Keiner kann den Preis gewinnen,
erst der Groß wird ihn erraffen.

Als der Kleine warf die Fackel,
in den Völkerbund der Mitte,
fiel auf ihn des Mordes Makel
Fluch begleitet seine Schritte.

Dennoch wird der Sieg zur Frage,
von den Enden kommen Heere,
Blei belastet Schicksalstage,
Deutschland bleibt nur noch die Ehre.

Übers Meer naht jetzt der Große,
Schiffe bringen Schreckenswaffen,
wild es gärt im deutschen Schoße,
man will blut‘gen Aufruhr schaffen:

Seltsam ist die neue Lage,
Fledermaus prägt neuen Geldschein,
seine Schwindsucht Wird zur Plage,
achtlos wirft mans in den Wandschrein.

Doch ein Goldstück ist gar kostbar,
mit ihm kauft man große Äcker,
wer gespart das, wenn auch ruchbar,
ist des Reichturns Neuerwecker.

Nach dem Herren wird man rufen,
der die Ordnung schafft in Eile,
der versteht auch fest zu bluffen,
der da führt zum guten Heile.

Mit Gesetzen hart und strenge
wird er Volk und Staat regieren;
soviel macht man im Gedränge,
daß sie Groß und Klein verwirren.

Steuern bringt man, soviel drückend,
daß so mancher kann nicht zahlen.
Doch sein Tun ist schier berückend,
viele in die Netze fallen.

Eintracht predigt er so mutig,
daß zwei sitzen auf Holzschragen,
jedem ist die Welt zu blutig,
daß Mißtrauen beide tragen.

Allen wird er Haut abziehen,
der Diktator mit der Peitsche.
Furchtsam werden manche fliehen,
Sklave wird der arme Deutsche.

Wenn soll Flammen sprühn sein Glücksstern,
wird ein Himmelszeichen strahlen.
Volk folgt willig seinem Reichsherrn,
Kriegsruf wird die Welt durchhallen.

Krieg wird sein wie lauter Feuer,
Schnitter Tod wird emsig mähen,
Schrecken wachst ganz ungeheuer,
Zeit wird Not und Kummer säen.

Reichtum wird zu Spreu zerschlagen,
letzter Bub muß in die Fremde.
Wer will Allerletztes wagen,
steht so arm wie Mensch im Hemde.

Schicksal wird zur schwersten Strafe,
Volk hat seinen Gott verloren,
da hilft keine Schreckenswaffe,
Unglaub hat das Leid geboren.

Trug man Christus über Straßen,
niemand wollt das Knie mehr beugen,
alles Lieben ward zum Hassen,
alles Gute mußte schweigen.

Priester wollt man schlecht mehr grüßen,
galten als verschrobne Künder,
selbst die Kirchen mußt man schließen,
weil am Werk die Fremdguts Finder.

Doch zum Führer tut man jubeln,
selbst als sich die Himmel schwärzen,
weiß im lauten Chor zu trubeln,
weiß zu lachen und zu scherzen.

Männer gleich den Puppen fallen,
fürchten sich in Kirch zu gehen,
es genügt ein Peitschenknallen,
sie wie Flaum in Luft verwehen.

Kruzifixe will man werfen
zum Gerümpel in die Kammer,
doch die Zungen kann man schärfen,
Spott und Hohn — welch Trost im Jammer!

Ist der Führer dann gefallen,
wird man ’s Kreuz dann hervorholen,
will das Kreuz an Häuser malen,
alles wird dann beten wollen.

Doch solch Wandlung nützt nur wenig,
Unheil bricht herein in Strömen,
Angst und Furcht gilt keinen Pfennig,
tut man weiter sich bequemen.

Wie im Wirbel wird man tanzen,
will vergessen alles Leiden,
will sich hinter dem verschanzen,
daß man mußt viel Freude meiden.

Waffenfriede will Bewährung,
ob das Volk zu Gott heimfindet.
Weh! Versagt es ihm die Ehrung,
Gott dann neue Ruten bindet.

So arg schnell das Unheil schreitet,
daß am Wirtstisch spielen Leute,
grausig sich das Auge weitet,
wenn hereintritt fremde Meute.

Der Rotjackeln wilde Horden
kommen über Böhmens Berge,
wollen plündern, rauben, morden,
da braucht’s keine Leichensärge.

Auf dem Stoppelfeld stehn Garben,
wenn die Feind ins Land eindringen,
leuchtend flimmern Sommerfarben,
will der Tod die Ernt einbringen.

Viele werden sich verstecken,
Hiasl nennet viele Orte,
dort wird Sicherheit umhegen,
Einsamkeit wird dann zum Horte.

In Waldmünchen ist’s das Bärnloch,
in Englmar die Hohe Breite,
in der Sintflut ragt die Arch hoch,
man ist fern dem blutigen Streite.

Jedem Waldlerort gilt Mahnung,
Greise geben’s warnend weiter,
wohl das Jahr spürt keine Ahnung,
spotten mag, wer scheint gescheiter.

Liegt ein Türsdhloß auf der Erde,
wird es dünn Blech zertreten;
soviel Völker jeder Rasse
kommen, rauben aus den Stätten.

Furcht jagt wie die wilde Sturmnacht
durch die Länder, durch die Gaue.
Feuer lodern durch die Blutnacht,
blutrot färbt sich manche Aue.

Wenn so brennt das Bergnest Arnstein,
ihr Waldmünchner lauft und rennet,
Wenn ihr seht den grellen Lichtschein,
nehmt zwei Brotlaib! Keiner höhnet!

Schwarzachmühle braucht kein Wasser,
Blut fließt hoch zu deinen Rädern,
Macht hat jetzt der Menschheitshasser,
läßt jetzt sühnen in Blutbädern.

Flieh, wer will dein Tod entgehen!
Fällt ein Brotlaib — dann kein Bücken!
Todesflügel kurz nur wehen,
Hunger kann dich nicht erdrücken.

Dort, wo ragen keine Höhen,
sucht auf Garben im Kornfelde,
dort versteckt euch, wollt recht flehen,
daß Erlösung kommt in Bälde.

In Kartoffelfurchen fliehet,
rasch vereilen die Kolonnen.
Nach dem Süden der Feind ziehet,
keinen wird er dort verschonen.

Glücklich, wer abseits der Straße,
in der Einöd kann still leben.
Glücklich, wem versperrt die Gasse,
wo wird’s Höllenschrecken geben.

Donau hemmt erst grause Sturmflut,
Hiasl sprichtvda vom Ausraufen,
fieberhaft steigt dort die Kampfglut,
Land will fast im Blut ersaufen.

Der Gäuboden wird verheeret,
Sintflut ziehet weite Kreise.
Alle Ställe ausgeleeret,
hilflos ganz die Kinder, Greise.

Keine Kuh ist mehr zu hören,
wäre es in einem Falle;
silbern Glöcklein müßt sie ehren,
Freude wär mit einem Male.

Auch die Pferde sind verschwunden,
gab es eines noch durch Zufall,
goldner Huf müßt Fuß umrunden,
alles weg durch Raub und Unfall.

Straubing ist gar nicht zum Kennen,
Fuhrmann will die Lage zeigen,
Peitschenstiel soll das benennen,
wo im Leid sich Trümmer beugen.

Gräßlich Los fürs arme Bayern,
hat am längsten doch bestanden,
wollt in Gott sich nicht erneuern,
Schlimmstes kommt ihm jetzt zuhanden.

Große hat man klein geschlagen,
Kleine saßen hoch zu Rosse,
doch den braucht kein Teufel jagen,
dem die Habsucht gärt im Schoße.

So war’s schon beim starken Führer,
doch sein Gift sitzt noch im Blute,
als die Lug macht toll und wirrer,
saugt der Mensch ganz wild am Gute.

Herrenjagd läßt Bittres ahnen,
gilt nun denen mit feinen Händen,
die da folgten falschen Fahnen,
die versäumten, Not zu wenden.

Wie ein Raubtier stößt der Feind vor,
Leute fliehen in die Berge,
Gottesmacht verschließt das Südtor,
Teufel bebt vor dieser Stärke.

Wunder dann plötzlich geschehen,
wilde Angst peitscht Mörderhorden,
sehn im Osten Feuer stehen,
Macht zerbricht nun allerorten.

’s Böhmerlandl muß noch büßen,
eisner Besen kehrt es nieder,
alles Blut, das hier muß fließen,
bringt die Gottesordnung wieder.

Arg verödet liegen Felder,
nur im Wald kräht Hahn und Henne,
Flüchtling‘ suchten tiefe Wälder,
stille ist des Bauern Tenne.

Plötzlich leuchten Feuerzeichen,
künden Menschen, die noch leben,
aus Verstecken manche weichen,
ihre Glieder angstvoll beben.

Bruder, Schwester tut man grüßen,
liegt vor Freude in den Armen,
Freudentränen zahlreich fließen;
mög sich nun Gott ganz erbarmen.

Waldler senden gauwärts Botschaft,
wie die Schlacht ist ausgegangen,
Melder bringen diese Kundschaft,
daß das Leben angefangen.

Doch die ersten, die es wagen,
will das Schicksal nicht beglücken,
andre Kämpfe Unheil tragen,
dumpfe Not will schwer bedrücken.

Späher wiederum erzählen,
daß viel Häuser leer noch stehen,
bessres Los könnt man erwählen,
wollt man drauß in Arbeit gehen.

Bayerwald tut nun veröden,
ohne Sterb und Krieg und Feinde,
doch nach Süden bringt man ’s Beten,
Menschen werden Gottesfreunde.

Jesus Christus sei gelobet,
so nur grüßt man in dem Lande,
Glaube hat sich doch erprobet,
dient dem Glück zum Unterpfande.

Jeder hat gar viel verloren,
Menschen, die ihm lieb doch waren;
doch das Neue ist geboren,
Treu und Glaube der Vorfahren.

Fried und Glück blüht aus Ruinen,
Gott ist treuem Volk ein Schützer,
läßt es wieder Größ gewinnen,
bleibt der neuen Ordnung Stützer.

Als der Hiasl das gesprochen,
wollten viele ihm nicht glauben,
hat dann alternd eins versprochen,
das soll allen Zweifel rauben:

Fahrt ihr mich einmal zum Grabe,
werd ich euch hoch tot entlaufen,
mit des Totenhemdes Habe
will ich aus dem Sarg mich raufen.

Als man fährt den steilen Abhang,
rutscht der Sarg herab vom Wagen,
Deckel hebt sich wie ein Vorhang,
Hiasl will noch Amen sagen.

Der das alles hat erkundet,
war des Glaubens Allerschwächster.
Zeiterlebnis hat gerundet,
Hiasl ward im Rat ein Nächster.

An die Heimat tief gebunden,
sah er wohl der Endzeit Zeichen,
Zukunft ist von Leid umwunden,
Unheil kann kein Mensch entweichen

Doch sein Letztes ist der Friede,
geben Menschen Gott die Ehre,
Welten leuchten in der Blüte.
Nicht vergesset Hiasls Lehre!

Erst im Jahre 1923, am 28. Februar, wurden die Prophezeiungen von

Pfarrer Landstorfer von Oberalteich

gesammelt und im Straubinger Tagblatt veröffentlicht.
Pfarrer Landstorfer hat diese Weissagungen aus dem Munde des wohlbekannten 93-jährigen Johann Georg Mühlbauer, geboren 1827, ehemals Pfarrer von Achslach und Oberalteich, gestorben 1921, erfahren, dessen 96-jähriger Vater noch ein spezieller Freund des Mühlhiasl gewesen ist. Georg Mühlbauers Onkel, Pater Isfried Mühlbauer, war 1803 Prämonstratenser in Windberg.
Am 26.8.1968 wurden diese Weissagungen erneut im Straubinger Tagblatt abgedruckt und im Straubinger Kalender 1994 zum wiederholten Male der breiten Öffentlichkeit bekannt gegeben. Aber auch andere Zeitschriften, die AZ, die Frankfurter Allgemeine und Süddeutsche Zeitung, sahen sich veranlasst, über den „Seher des Bayerischen Waldes“ zu berichten und sein Leben und die Aussagen zu würdigen.
Natürlich haben sich auch verschiedene Autoren, Pater Norbert Backmund, Manfred Böckl, Wolfgang Johannes Beckh, Paul Friedl, Dr. Reinhard Haller, Dr. Rupert Sigl, Andreas und Walter Zeitler und andere, des Stoffes angenommen und Bücher und Artikel verfasst. Von diesen wird in der Folge noch zu lesen sein.

Pater Dr. Norbert Backmund,

Windberg, gestorben 1987, darf wohl als bedeutendster Mühlhiasl-Forscher bezeichnet werden. In seinem Buch „Hellseher schauen in die Zukunft“ aus dem Jahre 1961 hat er im Beitrag „Der Hellseher Matthias Lang aus Hunderdorf, vulgo Mühlhiesl“ eine kritische Würdigung der Person des Mühlhials und seiner Gesichte verfasst. Als Pater des Klosters Windberg standen ihm die alten Akten offen, darüber hinaus studierte er alte Klosterbücher in den Staatsarchiven in Landshut und München und konnte somit Einblick in das Leben und Wirken des Matthias Lang gewinnen. So schreibt er u. a.:“Nach den Pfarrbüchern von Hunderdorf saß um 1795 ein Hiasl auf der Apoiger Klostermühle, nämlich Matthias Lang, der seinem gleichnamigen Vater auf der Mühle nachgefolgt und seit 1788 verheiratet war mit Barbara Lorenz von Racklberg (Recksberg) bei Haselbach, und von dem 1789-1800 acht Kinder verzeichnet stehen.
Die Apoiger Klostermühle wurde 1799 (1796) von Abt Joachim von Windberg an Matthias Lang verstiftet, der aber schon längere Zeit dort beschäftig war. Die Summe, die er dafür zu entrichten hatte, wurde ihm „armutshalber“ auf 75 Gulden herabgesetzt, die er in fünf Jahresraten abzahlen sollte. Nach zwei Jahren hatte er noch keinen Kreuzer davon bezahlt. Der im Dezember 1799 neugewählte Abt Ignaz räumte auf mit der Misswirtschaft, die unter seinem Vorgänger geherrscht hatte, und so wurde Matthias Lang, mit dem er sonst in vieler Hinsicht unzufrieden war, seines Amtes als Klostermüller Mitte 1801 enthoben. Die Apoiger Mühle bekam nun der Lettl und auf die untere Klostermühle kam ein Vetter des Mühlhiasl, Johann Georg Lang. Wir können vermuten dass Matthias einige Zeit bei seinem Vetter gelebt, und sich von da aus als „Mühlrichter“ betätigt hat. Somit können beide Versionen Recht haben. Auch die Überlieferung, dass Mühlhiasl nicht sehr arbeitssam und lieber „auf Wanderschaft“ war, passt zu dieser aus den Akten hervorgehenden Entwicklung. Die Identität des Matthias Lang mit dem Waldpropheten Mühlhiasl dürfte nach alledem als ziemlich gesichert feststehen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass seine weiteren Schicksale vor allem Jahr und Ort seines Todes bis jetzt nicht festgestellt werden konnten. Nach der Überlieferung war er Instandsetzer schadhafter Mühlen. Nachdem er von seiner Klostermühle gekommen war, mag er sich wohl einem unsteten Wanderleben hingegeben und dabei diesen Beruf ausgeübt haben. Die Existenz seiner Familie steht dem nicht im Wege. Er wird wohl als Inwohner in einem Anwesen gelebt haben, oder sie hatten selbst eine Hütte und waren dann eben Häuslleut“.
In seinem Artikel „Prophetie am Beispiel des bayerischen Propheten“ schreibt Backmund: „Der Mühlhiasl hat gelebt, er war ohne Zweifel ein Hellseher“. In den Visitationsakten des Klosters Windberg von 1799 heißt es: „Man warf dem Hiasl vor, dass er schlechtes Mehl lieferte, er antwortete: ,,Was kann ich dafür, dass mir der Pater Kastner verwurmtes Getreide liefert!“
Da der Mühlhiasl bald da, bald dort im Walde lebte, könnte die Tatsache erklären, dass er offensichtlich irgendwo unerkannt gestorben ist und in keiner Sterbematrikel des Bayerwaldes zu finden ist.“ Soweit die Aussagen von P. Norbert Backmund.
Bis zum Tode Backmunds hat es keinen Autor gegeben, der die Identität des Mühlhial in Frage gestellt hätte. Erst nach seinem Ableben meldeten sich verschiedene „Schreiberlinge“, die versuchten alles Bisherige über den Apoiger Seher ins Licht der Sage zu verbannen.

Um die Erforschung des Mühlhiasl hat sich auch der weithin bekannte Redakteur des Straubinger Tagblattes,

Dr. Rupert Sigl

Verdienste erworben. Im Straubinger Kalender 1990 erschien von ihm ein Beitrag mit dem Titel „Der Mühlhiasl vor und nach Tschernobyl“. Dort setzt er sich historisch und kritisch mit dem Mühlhiasl und den in der Zwieseler Gegend propagierten angeblichen Seher Stormberger auseinander. Dort heißt es: „Keine der geschichtlichen Persönlichkeiten unseres Landes erfreut sich solcher beliebter Popularität wie der Matheis Lang, der Mühlhiasl von Apoig, diese Symbolfigur für den Bayerischen Wald. Nur der echte, wirkliche Mühlhiasl, seine wirklichen, echten Prophezeiungen können und dürfen uns heute noch interessieren, weil wir heute die Welt mit anderen Augen näher im Lichte der Wahrheit und Ewigkeit sehen, nur sehen können und müssen.

Gerade nach der Katastrophe von Tschernobyl wäre es ein ruchloses Vergehen, nicht vom echten Mühlhiasl auszugehen und uns einen gefälschten Waldpropheten wie den Stormberger unterschieben zu lassen. Der Name Mühlhiasl ist wegen und dank seiner Prophezeiungen – auch wegen der bereits erfüllten „eingetroffenen“ Voraussagen so zugkräftig und verführerisch, dass manche ihn zur Vorlage zu einigen Romanen gewählt haben.
Die Taufmatrikel von Hunderdorf – und damit kommen wir Historiker und Volkskundler zu unserem Recht – bezeugt unabdingbar, unbestreitbar, dass unser wirklicher Mühlhiasl als Müllnerbub in Apoig geboren wurde: „An diesem 16.9.1753 wurde getauft Mathaeus Lang, legitimer Sohn des Matthias Lang, des Müllers von Apoig und seiner Ehefrau Anna Maria, geborene Iglberger von Grub, Taufpate Georg Peyr von Puchberck (Vorderbuchberg). Die Taufe spendete Pater Johannes Nepomuk Altmann, Pfarrvikar von Windberg“, der auch den Eintrag unterschrieb.
Schon Pfarrer Landstorfer wies an Hand der Pfarrbücher nach, „dass in der Zeit um 1800 ein Hiasl auf der Mühle zu Apoig saß, nämlich Matthias Lang, der seinem gleichnamigen Vater auf der Mühle nachfolgt“. Der 1753 geborene junior saß 1795 als Inhaber auf der Klostermühle zu Apoig, hatte im Alter von 35 Jahren die Barbara Lorenz von Racklberg (Recksberg) bei Haselbach geheiratet. Schon ein Jahr später wurde ihnen das erste Kind geboren, dem bis 1800 noch sieben weitere folgten.
Wohl liegt ein undurchdringliches Dunkel über das Ende hin und dem Tod des Mühlhiasl. Doch die lebendige Tradition, die ihn als Mühlenrichter nennt, reißt nicht ab.
Pfarrer Gerhard Lecker, Kooperator bzw. Pfarrprovisor in Hunderdorf hat bei einem Versehgang in der Mühlhiasl-Mühle 1935/36 ein völlig verstümmeltes Kreuz gesehen. Man entschuldigte sich, das Kreuz sei ein Erbstück, ein Altertum, sei das „Mühlhiasl-Kreuz“. Als nämlich der Mühlhiasl bei einem heftigen Streit in seiner Bedrängnis sich nicht mehr anders wehren konnte, packte er das Kreuz und schlug damit seinen Gegner nieder, erfuhr Kaplan Lecker. Aus Angst vor gerichtlicher Verfolgung sei der Mühlhiasl geflohen. Diese als Entschuldigung für die Verstümmelung des schönen gotischen Kreuzes vorgebrachte Erklärung hat etwas Überzeugendes für sich, weil eine Absicht oder ein Plan fehlt. Ist damit endlich das spurlose, plötzliche Verschwinden zwar geklärt oder erklärt, so wissen wir doch nichts weiter.
Im Buche „Der Landkreis Straubing-Bogen“ schreibt Dr. Sigl im Beitrag „Der Mühlhiasl kämpft um sein Leben“ weiter: „Der echte Mühlhiasl muss also heute um sein Leben kämpfen, um seine geschichtliche Existenz, so bekannt auch sein Name, seine Weissagungen und deren vieldeutige Treffsicherheit sind. Unser Mühlhiasl ist „geschichtlich exakt fassbar“. Wenn der Mühlhiasl von der Wiege an geschichtlich eindeutig identifiztrt ist und auch als Klostermüller unbestreitbar feststeht, so geht doch plötzlich, Mitte 1801 ein Vorhang über sein weiteres Leben nieder.“
Soweit die Forschungsergebnisse in Auszügen des Dr. Rupert Sigl.

Straubuinger Kalender 1994
70 Jahre Mühlhiasl-Forschung

Am 28. Februar 1928 veröffentlichte Pfarrer Landstorfer Pinkofen/Eggmühl (später Oberalteich), folgenden Beitrag zur Heimatkunde, den wir unseren Kalenderlesern im Wortlaut vorlegen müssen, damit sie den echten Mühlhiasl und die Phantasien und Phantastereien von heute unterscheiden können:

Seit einem Jahrhundert schwirren durch die Nordgegenden von Niederbayern, angefangen vom Laabertal und Gäuboden bis hinein nach Cham und Bodenmais von Mund zu Mund fliegende „Prophezeiungen“, abgerissen und zusammenhanglos, aber hartnäckig sich erhaltend und unausrottbar. Zukunftsverkündigungen von schwerem Ernst, denen der Anspruch anhaftet, die jetzige Gegenwart und Zukunft zeichnen zu wollen und die allgemein einem gewissen „Mühlhiasl“ zugeschrieben werden, von dessen Persönlichkeit und Lebensumständen aber kaum noch Bescheid zu erfragen ist.
Die alten Leute, die seine Äußerungen so oft mit drohender Überzeugtheit im Munde führten, sterben dahin und die jungen schüttelten sich bei diesen gruseligen Predigten unwillig ab und wünschten sie begraben und vergessen. Es war aber auch zu unwahrscheinlich und unmöglich, was da einem zum Glauben zugemutet worden wäre.
Nun sonderbarerweise, bei den letztjährigen Welterlebnissen (gemeint ist der Erste Weltkrieg SR) begannen diese alten Sprüche wieder kühner aus der Halbvergessenheit aufzutauchen, ja sich gewaltsam in Erinnerung zu bringen, wie eine längst vorhandene Beschreibung der Gegenwart; und siehe da, vieles hat aufgehört, lächerlich zu klingen.
Da mir aus dem Munde des im Wald und Vorwald wohlbekannten 93jährigen Priestergreises Gg. Mühlbauer, ehem. Pfarrer von Achslach und Oberaltaich, dessen 96jähriger Vater noch ein spezieller Freund des „Mühlhiasl“ gewesen, manches eigenartige Wort eingeprägt worden war, nahm ich mir in landsmännischem Interesse einmal die Mühe, noch das Weitere zusammenzutragen und festzuhalten, was in der Erinnerung der ganz alten Leute fortlebte.
Das Ergebnis sind die folgenden Zusammenstellungen, die, wenn auch wohl unvollständig und lückenhaft, wenn nahe bestürzungserregend, doch durch ihre Ursprünglichkeit und wald-urwüchsige Natürlichkeit erfrischen, in ihrer Verflechtung mit wohlbekannten Land- und Ortschaften trauten Heimatgeruch atmen und immerhin in ihrer Gesamtheit ein ausführliches Stück altheimatlicher Kulturgeschichte darstellen.

Personalien

Der Familienname des fraglichen Mannes ist mündlich nicht mehr zu erkunden. Er wird wohl zu Lebzeiten schon kaum mit dem Familien-, sondern mit seinem Allerweltsnamen „Mühlhiasl“ genannt worden sein. Gesagt wird nur, daß er ein Müllerssohn von Apoig gewesen sein soll. Tatsächlich weisen die Pfarrbücher von Hunderdorf nach, daß in der betreffenden Zeit um 1800, ein „Hiasl“ auf der Mühle zu Apoig saß, nämlich Matthias Lang, der seinem gleichnamigen Vater auf der Mühle nachgefolgt und seit 1788 verheiratet war mit Barbara Lorenz von Recklberg und von dem 1789-1800 acht Kinder verzeichnet stehen. Die Geburtszeit dieses Matthias müßte in den 1750er Jahren zu vermuten sein, in denen auch verschiedene Müllerskinder Lang sich finden, aber kein Matthias sondern ein Mathäus (1753). Die etwaige Identität dieses Namensträgers mit dem „Propheten“ müßte erkauft werden mit dem Zugeständnis einer Namensirrung, erleichtert durch das mundartliche „Mattheis“. Die Identität mit dem 1788 in die Ehe getretenen Matthias dürfte unzweifelhaft sein.
Die Persönlichkeit, wie sie sich spiegelt in eigenen Äußerungen und fremden Schilderungen, ergibt das Bild eines ausgesprochenen Originals, eines seltsamen und eigenartigen, gemütstiefen und treuherzigen Sonderlings. Kernhaften Glaubens und ernster Lebensauffassung war er der Seßhaftigkeit abhold; auch in regelrechte Alltagsarbeit scheint er nie viel verstrickt gewesen zu sein. Freizügig und sorgenlos durchstreifte er Gottes Welt, im ganzen Wald bekannt, überall daheim, überall wohlgelitten, nirgends vergessend, den Leuten fleißig von der Zukunft zu erzählen. Ob er im Eglseer Weiher fischte, ob er im breiten Mühlwasser von Apoig im Kahn die frohe Jugend spazierenfuhr, ob er von Bergeshöhen über Landstrecken hinblickte, überall fühlte er sich gedrängt, eben im Zusammenhang mit dem jeweiligen Standort, von den nachfolgenden Zeiten zu plaudern und die künftige Gestaltung der Landschaft und des Volkslebens eingehend zu beschreiben.
Seine Redeweise ist von kraftvoller Treffsicherheit und farbensatter Urwüchsigkeit, ausgesprochen natürlich in den breiten Kernlauten tiefster Waldvolksmundart, die sich leider ohne Kraft und Saftverlust nicht ins Hochdeutsche übertragen läßt.
Sein Vorsehen und Vorhersagen betraf die nahe und ferne Zukunft. Freilich wurde ihm nicht alles geglaubt, oft überhaupt nichts. Wer hätte vor 100 Jahren, wo Dampf und Elektrizität unbekannt waren, Lust haben sollen, an „fliegende Menschen“, „eiserne Straßen“, „unbespannte Wägen“ etc. zu glauben! So erntete er dann neben mitleidigem Lächeln auch zuweilen unwilliges Auszanken und gereizten Widerstand. Die Prämonstratenser des nahen Klosters Windberg waren ihm ganz wenig gewogen. Bei einer Gelegenheit, sei es, daß er etwas zu essen erbat, sei es, wie andere berichten, daß er einem förmlichen Verhör über seine Weissagerei unterworfen wurde, ward er mit Ungnade des Klosters verwiesen. Ungefragt sagte ihnen der „Hiasl“ das böse Wahr-Wort zurück: „Gerade so, wie ihr jetzt mich hinaustut, tun sie bald euch selber hinaus“. Sechs Wochen später sei die Aufhebung des Klosters erfolgt. Des weiteren rief er noch: „Ich kann gehen, ihr aber müßt laufen; ich darf wieder herein, aber ihr dürft nicht mehr herein und zu euren Fenstern schauen Weiber und Kinder heraus“. Tatsächlich soll die Entfernung der Mönche sich so abgespielt haben, daß dieselben dem ungerechten Ausweisungsdekret vorerst keine Folge leisteten, bis die Exekutivkommission eintraf und straks alle Klosterinsassen heraustrieb, mit so brutaler Dringlichkeit, daß zwei Patres, die im Bach zu Gaishausen gefischt, keinen Fuß mehr über die Schwelle ihres Klosters setzen durften, sondern eiligst entweichen mußten (1. April 1803).
Die fernsehenden Ankündigungen sind beherrscht von der Grundidee eines bevorstehenden großen „Weltabräumens“:
„Eine Zeit kommt, wo die Welt abgeräumt wird, und die Menschen wieder wenig werden“. Um diesen Kern und Mittelpunkt herum gruppieren sich ganze Reihen von Schilderungen, die in scharfen, kurzen Rißlinien ein Zukunftsbild entwerfen: 1. von der vorangehenden Weiterentwicklung und Gestaltung des Volkslebens; 2. vom Einbruch und Verlauf des großen Unheils , das er das „Weltabräumen“ nennt; 3. von dem sich daraus ergebenden Folgezustand, wohlgemerkt, alles, auch das Weltgeschichtliche, nur erfaßt und ausgemalt im Ausschnitt des niederbayerischen Heimatlandes.

1. Vorher

Anschaulich wird das niederbayerische Weltbild und Volksleben des bevorstehenden (nunmehr abgelaufenen) Jahrhunderts geschildert in einer Fülle von Einzellinien, die sich in folgende Gesichtspunkte einordnen lassen:
Kleidersitten: „—Wenn d‘ Bauern mit gewichsten Stiefeln in die Miststatt hineinstehen — Wenn sich d‘ Bauernleut g’wanden, wie die Städtischen und die Städtischen wie d‘ Narren (oder — „Die Städtischen wie d‘ Affen“ —) — Wenn erst die Rabenköpf kommen (schwarze Kopftücher) — Wenn die Mannerleut rote und weiße Hüte aufsetzen (solche Hüte waren in den 70er Jahren Burschenmode) — Wenn die farbigen Hüte aufkommen — Wenn d‘ Leut rote Schuh haben — Wenn auf den Straßen Gäns daherkommen (schneeweiße Gewandung) — nachher is nimmer weit hin —“
Lebenssituation: „Wenn d‘ Leut nichts mehr tun als fressen und saufen, schlemmen und dämmen, wenn a Bauernleut lauter Kuchen fressen, wenn Bauernleut d‘ Hendl und Gäns selber fressen — wenn Bauern alle Awanter (Grenzraine) umackern und alle Stauern (Hecken) aushauen, wenn Bauern politisieren, nachher is die Zeit da“.
Verkehrssitten: Auf dem Fußweg von Oberaltaich nach Hunderdorf gibt es eine Stelle, oben auf der Höhe der Kleinlintacher Berge beim Holz Bertl, wo man einen prächtigen Ausblick auf das Donautal und den Gäuboden von Plattling bis Regensburg, wo man heute so schön den Dampfschiffen zuschauen und die Schlepper zählen und das Pusten hören kann. Hier stand vor mehr als 100 Jahren der Mühlhiasl und besprach die Passauer Bahn und die zukünftige Waldbahn in Verbindung mit seinem Weltabräumen: „— Wenn die schwarz Straß von Passau heraufgeht, wenn die schwarz Straß (auch ,eiserne Straß‘) über die Donau herüberkommt und ins Böhm neinlauft“, „wenn der eiserne Hund in der Donau heraufbellt“, „wenn d‘ Leut in der Luft fliegen können“, „— wenn d‘ Wägen ohne Roß und Deichsel fahren“, — „wenn die meisten Leut mit zweiradeligen Karren fahren, so schnell, daß kein Roß und kein Hund mitlaufen kann“, „— nachher stehts nimmer lang an“. — —
In Apoig, der jetzigen Station Hunderdorf, bezeichnete er auf Meter genau den nachmaligen Lauf der „eisernen Straß“ und zeigte her, wie weit sie dem Schötz (jetzt Blasini) in den Garten  hineinschneiden werde: „Bis daher und nicht weiter“.
Bemerkenswert ist, daß die Einwohner 1893 über den Bogener Brücken- und weiteren Eisenbahnbau nicht viel Entzücken aufbringen konnten, sondern nach dem Eintreffen der ersten auch das angehängte zweite fürchteten: „— Dann steht’s nimmer lang an“ …
Besiedlungswesen: Lintach, eine stundenweit ausgedehnte Kolonie mit zerstreuten Häusern, war um 1800, wie der ganze Wald, mit riesigen, für wertlos erachteten Hölzern bestanden und schwach besiedelt. Der „Hiasl“ behauptete, die Leute und die Häuser würden zuerst recht viel werden: „In der Stadt werden fünf- und sechsstöckige Häuser baut, überall werden Häuser ‚baut, Häuser werden ‚baut, wie d‘ Schlösser und d‘ Pfarrhöf, Schulhäuser werden ‚baut wie Paläst (mit eigener Betonung fügte er dann hinzu — „für d‘ Soldaten!“) — „In Lintach wird alles voller Häuser und Lehmhütten ang’schlöttet, aber nachher wachsen einmal Brennessel und Brombeerdörn zu ’n Fenstern außer.“ Im Umhergehen zeigte er dann viele Orte, wo Häuser erstehen würden: „Da wird ein Haus ‚baut“.

An dieser Stelle stand die alte Mühle des Mühlhiasl

Am ehemaligen Weiher zu Eglsee fischend, steckte er an der Weiherecke mit dem Stock ein Viereck ab: „Da kommt ein Haus her“. (Ist heut zu sehen). Rätselhaft ist eine Angabe: Zwischen Hunderdorf und Au zeigte er einen Platz: „Da wird ein Haus ‚baut, wird aber zuvor nicht aus’baut, wenn’s gleich schon lange ‚baut is“. Es steht dort ein eigenes Haus „Breitfeld“. Lange Zeit sind die Balken für eine Altane weggestanden, was ihm ein unfertiges Aussehen gab, die sind jetzt entfernt. Dagegen soll für die nächste Zeit ein Draufbau in Vorbereitung sein — Ferner ein Hinweis: „Wenn der Hochwald ausschaut, wie’m Bettelmann sein Rock“ … (Könnte im Auge haben die schonungslose Abholzung, könnte aber auch hinweisen auf den „Hochwald“ bei Oedwies, der 1870 von einem Sturm „zerflankt“ wurde).
Klimatische Anzeichen: „Wenn die kurzen Sommer kommen — wenn man Winter und Sommer nimmer auseinanderkennt (weil der Winter so warm, der Sommer so kalt).
Religiöses Wahrzeichen: „Zuerst kommen die vielen Jubiläen“ — „Überall wird übern Glauben ‚predigt, überall sind Missionen“ (namentlich seit dem kirchenrechtlich vorgeschriebenen 10jährigen Missionierungsturnus!). „Kein Mensch kehrt sich mehr dran. D‘ Leut werd’n erst recht schlecht. D‘ Religion wird noch so klein, daß mans in ein‘ Hut hineinbringt. Der Glaubn wird so dünn, daß man ihn mit der Geißl abhauen kann. Der Glaubn wird so wenig, daß man ihn mit’m Geißelschnappen vertreiben kann. Übern katholischen Glauben spottn am besten die eigenen Christen.“
Vielleicht hierhergehörend: „Recht‘ Gsetze (= recht viele oder recht üble Gesetze?) werden gemacht, aber werden nimmer ausg’führt“.
Wirtschaftliches: „’s Gold geht zu Eisen und Stahl. Um ein Goldstück kann man noch einen Bauernhof kaufen.“ — „’s Holz wird so teuer wie der Zucker, aber (fügte er bei Weissagungen über große Not hinzu) g’langen tuts“. Einerlei Geld kommt auf. Geld wird gemacht, so viel, daß man’s gar nimmer kennen kann (mit geheimnisvoll hämischen Lächeln betonte er): „Wenns gleich lauter Papierflanken sind, kriegen die Leut nicht genug dran. Auf einmal gibt’s keines mehr.“ Wenn also das alles sich eingestellt hat, dann kommts nämlich:

2. Das „Weltabräumen“ selber

Nur rißhaft sind die Phasen angedeutet. Vorausgesetzt ist der „große Krieg“. Der „große Krieg“, ganz waldlerisch ausgesprochen war ein häufiger Wiederholungsposten in seinen Vorhersagen. „Nach dem Krieg meint man, Ruh ist, ist aber keine. Die hohen Herren sitzen zusammen und machen Steuern aus. Nachher steht’s Volk auf.“ „Bal’s angeht, ist einer übern andern. Raufen tut alles. Wer etwas hat, dem wird’s genommen. In jedem Haus ist Krieg. Kein Mensch kann mehr dem anderen helfen.“ Andeutungen von furchtbaren Klassenkämpfen: „Die reichen und noblen Leut werden umbracht. Wer feine Händ hat, wird totgeschlagen.“ (Vorbild: Ausrottungskampf gegen geistige Arbeit in Rußland) — Der Stadtherr lauft zum Bauern aufs Feld und sagt: „Laß mich ackern“ (um nicht erkannt zu werden). „Der Bauer erschlagt ihn mit der Pflugreutn.“
Offenbar auf das Hereinfluten roter Militärmassen von Osten soll hindeuten: „Von Straubing auf den Pilmersberg (Pilgramsberg) hinein wird eine Straß ‚baut“. (Die Gegend war damals so unwirtlich, daß ihm der alte Weiherbauer erklärte, wenn ich alles glaub, glaub ich nicht, daß da eine Straß ‚baut werden kann (die jetzige Straße Straubing—Cham). „Auf der Straß kommen sie einmal heraus, dieselben Roten, d‘ Rotjankerl.“ Wegen dieser Äußerung wurde er viel verlacht, ob’s etwa die rothosigen Franzosen sein sollen: „Nein, Franzosen sind’s nicht, rote Hosen habens auch nicht, aber die Roten sind’s“.
„Wenns aber einmal kommen, muß man davonlaufen, was man kann, muß sich verstecken mit drei Laib Brot. Wenn man beim Laufen einen verliert, darf man sich nicht bücken, so muß es schlaun‘ (pressieren). Wenn man den zweiten verliert, muß man ihn auch hintlassen, man kann’s auch mit einem noch aushalten.“ (Daß in kritischen Zeiten jeder Eisenbahn- und Nachrichtendienst aufhören kann, hat die Rätezeit gezeigt).
Als Versteck empfahl er je nach der Gegend z. B. für Mitterfels die großen Wälder im Perlbachtal und die Senkungen beim Buchberg, für Englmar die Käsplatte, für Bodenmais die Bergwerke, für den waldlosen Gäuboden die Weizenmandln.
Zum Schluß ist noch ein besonders unheimlicher Gast in Aussicht gestellt mit einem Originalnamen: „Der Bänke-Abräumer“. Da man in den Bauernstuben um den Tisch auf Bänken sitzt, zu verstehen als eine die Familienbestände dahinraffende seuchenartige Krankheit: „Auf d‘ Letzt kommt der „Bänkabramer“. Die Wenigen, die übrig geblieben, werden sich schutzsuchend aus der ganzen Umgebung innerhalb der Windberger Klostermauern sammeln.
„Wer’s überlebt, muß einen eisernen Kopf haben.“ Wie sieht’s nun nachher aus?

3. Nachher

Eine große Verheerung. „Die Leute sind wenig. Grüßen tuns wieder: ,Gelobt sei Jesus Christus‘ und einer sagt zum andern ,Grüß Dich Gott, Bruder, grüß Dich Gott, Schwester‘. Auf d‘ Nacht zündet einer ein Licht, schaut, wo noch jemand eins hat —. Wer eine Kronwittstaude (Wacholder) geht drauf los, ob’s nicht ein Mensch ist. Ein Fuhrmann haut mit der Geißel auf die Erde nieder und sagt, da ist die Straubinger Stadt g’standen.“ (Letztere Äußerung traf ich nur einmal an, fraglich, ob sie dem M. zuzuschreiben ist.) Das Bayerland im besonderen „wird verheert und verzehrt von seinem eigenen Herrn, am längsten wird’s stehn, am schlechtesten wird’s ihm gehn“.
Viehstand: „Wenn man am Donaustrand und Gäuboden eine Kuh findet, der muß man eine silberne Glocke anhängen, ein Roß, dem muß man ein goldenes Hufeisen hinaufschlagen; im Wald drin krähn noch Gickerl“.
Wirkung des Strafgerichts: Nachher, wenn die Welt abgeräumt ist, kommt eine schöne Zeit. Große Glaubensprediger stehen auf und heilige Männer. Die tun viel Wunder, die Leute glauben wieder.
Er sprach auch davon, daß vorher die Geister, die „Waizn“ verschafft werden (allgemeine Volksanschauung, bestärkt durch das Meßschlußgebet und den teufelbeschwörenden großen Exorzismus Leos XIII.). Nachher aber erscheinen wieder Geister und bringen die Leute zum Glauben.
Zeitpunkt: Welchen Zeitpunkt er für den „Großen Krieg“ in Aussicht hatte, ergibt sich ganz beiläufig aus einer unbedeutenden Begebenheit: In Großlintach redete er mit dem damaligen Bognervater vom großen Krieg. Inzwischen wurzelte und knetete er in freundlicher Neckerei das Ohr des dabeistehenden Kleinen, bis dieser den Scherz zu empfindlich empfand und zu weinen anhub. Da tröstete ihn gutmütig der Mühlhiasl mit der Versicherung: „ Du bist beim großen Krieg nimmer dabei, deine Kinder auch nicht, aber denen ihre Söhne kommen gewiß dazu“. Die Bognersöhne waren all beim Ersten Weltkrieg, sie sind die Enkel jenes weinenden Knäbleins.
Allgemeines vorhergehendes Merkmal: „Kein Mensch will’s glauben“.

Würdigung

Es steht jedem Menschen frei, über die Verlautbarungen des eigentümlichen Mannes zu denken, was ihm beliebt, sie erstaunlich oder bemerkenswert oder bedeutungslos oder lächerlich zu finden. Zu letzterem wird neigen, wer allzu buchstäblich den Wortlaut preßt. Solches wäre nicht am Platze. Der gemeine Mann, noch dazu bei dichterischer Veranlagung, liebt es, von beobachteten Vorgängen und empfangenen Eindrücken die Höchstgrade hervorzuheben und übertreibend zu verallgemeinern mit Redewendungen wie „Kein Mensch“, „alle Leut“ u. a. — Beispielsweise einige blühende Bäume im Januar und erreifte Felder im Juni, wie sie in den letzten Jahren mehrfach zu beobachten waren, genügen ihm zwar zur Beurteilung „man kennt Winter und Sommer nicht mehr auseinander“. Kindisch wäre der Einwand, die Äußerungen, soweit siezutreffen, wären etwa hinterher auf die Ereignisse zurechtgeschnitten und ihnen angepaßt worden, da deren Originalität und Alter durch die aus unseren Kindheitstagen bekannten überererbten Erzählungen der Ahnen hundertfach feststeht.
Daß es übrigens Menschen mit der Gabe des örtlichen und zeitlichen Hellsehens gibt, ist wissenschaftlich erwiesen. Häufiger findet sich die Veranlagung in Westfalen und die inhaltlichen Zusammenklänge der dortigen Vorhersagungen mit den hier angeführten sind oft auffallend. Trotzdem  ist die selbständige Ursprünglichkeit beider gewährleistet durch die beiderseitige heimatverankerten und daher unübertragbaren Lokalweissagungen. Hingewiesen sei, daß inhaltlich ungefähr die nämlichen Gedankengänge und ganz ähnliche Zukunftsausblicke in gehäufter Übereinstimmung sich finden bei anerkannt prophetischen Personen, darunter angesehenen Heiligen, aber kaum je mit solcher Fülle von Einzelmerkmalen, mit dieser markanten Anschaulichkeit und niederbayerisch derbkräftigen Strichzeichnung.

Nachwort

Leider gelang es mir noch nicht, Zeit und Ort vom Lebensende des Matthias Lang klarzustellen. In Apoig starb er nicht, wenigstens weiß die Sterbematrikel Hunderdorf nichts von ihm, auch nicht die von Englmar und Elisabethszell. Doch muß er im Bereich von Englmar, drunten in einem „Loch“ eine Mühle besessen haben: „Ich , komm euch als Toter noch aus“. Auf dem Leichenweg sei durch einen Ruck der scheuenden Ochsen der Sarg vom Wagen gefallen und eine Böschung hinuntergerollt, so daß man ihn heraufholen mußte.
Vielleicht könnte eines der an Englmar grenzenden Pfarrämter über den um 1810-1820 vermutbaren Tod dieser so bekannten und unbekannten Waldpersönlichkeit Aufschluß geben. Leicht könnte auch sonst in den inneren Waldgegenden Genaueres über Persönlichkeit und Äußerungen des Landsmannes bekannt sein, geeignet, Obiges zu ergänzen oder richtig zu stellen. Für Mitteilungen solcher Art wäre der Schreiber dankbar.

Die Geschichte holt die Prophezeiungen ein

Soweit Pfarrer Landstorfer 1923. Wir haben diesen heimatkundlichen Beitrag deshalb im Wortlaut abgedruckt, weil es gerade bei Weissagungen, die von Mund zu Mund gehen, darauf ankommt, die ursprüngliche Form zu erhalten.
Es ist uns heute geradezu unvorstellbar, daß ein Mann, der so bekannt ist und es auch zu Lebzeiten schon war, so unbekannt sterben konnte, daß bis heute niemand weiß, wo und wann der Mühlhiasl gestorben ist. Tatsächlich hat sich bis jetzt das Wort „Ich komm euch als Toter noch aus“ in diesem anderen Sinne bewahrheitet. Es ist noch keinem Forscher, auch nicht Pater Norbert Backmund, gelungen, das Dunkel um den Seher des Bayerwaldes aufzuhellen. Der Vermutung von Pfarrer Landstorfer, eines der an St. Englmar angrenzenden Pfarrämter könnte Aufschluß geben, widerspricht die andere Behauptung, der Mühlhiasl sei 1825 in Straubing gestorben. Der Beweis für diese Behauptung fehlt auch noch. Vielleicht ist der Mühlhiasl in seinen alten Tagen bei einem seiner Kinder untergeschlüpft und dort gestorben.
Unverständlich ist auch die Behauptung von Dr. Adlmeier, der Matthäus Lang — geboren 1753 — könne nicht der Mühlhiasl sein, wenn für die acht Kinder des Mühlhiasl, die ihm in seiner Ehe mit Barbara Lorenz von Recklberg geschenkt wurden, achtmal als Vater ein Matthias Lang und bei der Trauung ebenfalls ein Matthias Lang beurkundet ist. Wie oft schon wurde das mundartliche „Matheis“ irrtümlich „Mathäus“ geschrieben.
Der Waldprophet, der „Mühlhiasl“, hatte es nicht notwendig, wie der Sohn (!) des berühmten und auf der Welt berühmtesten Zukunftssehers, des Michel Nostradamus, der ebenfalls im Weissagen sein Glück versuchte. Als er den Untergang der Stadt Pouzin vorausgesagt hatte, das Ereignis aber ausblieb, half er den Sternen nach, die sein Vater in den „Centuries“ (1555) beschworen hat, und steckte die Stadt selbst in Brand. Michel de Notredame, so hieß auch er, wurde dabei aber gefaßt und 1575 hingerichtet.
Wenn man von einem Propheten zur Beglaubigung seiner Echtheit nur eine einzige Tatsache verlangt, deren Voraussage eingetreten ist, so genügt beim Mühlhiasl die Ankündigung des Ersten Weltkrieges, die auf den Tag genau eintraf und ebenso auch die Voraussage des Zweiten Weltkrieges.

Die Gesichter des Mühlhiasl (Collage aus fünf Büchern: Norbert Backmund, Reinhard Haller, Walther Zeitler, Manfred Böckl, Paul Friedl)

Auch

Expositus Hofmann

hat sich at der Gestalt des Mühlhiasl beschäftigt und in der Abhandlung „Der Mühlhiasl“ u.a. festgestellt: „Eines der interessantesten Originale, die je im Bayerischen Wald gelebt haben, ist sicher der Mühlhaisl. Seine originellen, eindrucksvollen Weissagungen haben sich seit mehr 150 Jahren von Mund zu Mund fortgepflanzt, von manchen bezweifelt und abgelehnt, aber von den meisten geglaubt und geschätzt, weil so viele Einzelheiten in geradezu auffallender Weise eingetroffen sind. Die Lang waren auf der Apoiger Mühle seit 1689, als ein Joachim Lang, Müller von der Höllmühle die Witwe Maria des Kaspar Hagnberger, Müllers von der Apoiger Mühle, heiratete.
Nach den Briefprotokollen des Klosters Windberg hat Matthias Lang 1778 die Mühle von seinem Vater übernommen. Laut Kaufbrief vom 19.2.1801 erwarb der Müller Lettl von Irlbach um 3450 Guloten die Apoiger Mühle und veräußerte diese um 7550 Gulden nach zwei Jahren weiter. Von da an verschwindet Matthias Lang. Pater Norbert vermutet, dass er sich bei seinem Bruder (Vetter) Johann aufhielt, der eine Zeit lang auf der anderen Klostermühle (am Dambach) war. Jedenfalls ist in den Pfarreien der ganzen Gegend kein Sterbeeintrag des Matthias Lang und seiner Ehefrau zu finden. Nach der Überlieferung soll er ein Mühlenrichter gewesen sein. Damit scheint auch die Angabe übereinzustimmen, dass er keinen festen Wohnsitz hatte und sorgenlos den Wald durchstreifte, überall wohlgelitten war, aber auch seine bestimmten Häuser und Freunde hatte, wo er jederzeit Unterkunft finden konnte.
Die Mühlhiasl-Weissagungen hat wohl zuerst nach dem ersten Weltkrieg Dekan und Pfarrer Landstorfer von Pinkofen veröffentlicht, der sich berief auf Pfarrer Johann Georg Mühlbauer (gest. 1921 in Pinkofen im Alter von 93 Jahren), dessen Vater, der 97 Jahre alt wurde, ein besonderer Freund des Mühlhiasl war (Bauer in Rammersdorf zwischen Kollnburg und Prackenbach). Dass der Hiasl von Apoig einmal in die bayerische Geschichte eingehen würde, haben sich er und seine Zeit nicht träumen lassen.

Hubensteiner

widmet ihm in seiner „Bayerischen Geschichte“ einen ganzen Absatz. Für ihn ist der Waldprophet nicht einfach ein schrullenhafter Spintisierer, sondern eine notwendige Figur, die gegen die Aufklärer und Fortschrittler des späten 18. Jahrhunderts warnend den Finger hebt und die in diese Zeit einfach hineingehört wie das Gegengewicht am Aufzug. So gesehen, gewinnen die dunklen Prophezeiungen erst Sinn und tiefere Bedeutung.
Hubensteiner schreibt:“Es war in dieser Zeit des späten 18. Jahrhunderts, dass der berühmte Mühlhiasl von Apoig durch die Bauernstuben des Gäubodens und des Böhmerwaldes ging. Die aufgeklärten Prämonstratenser jagten zwar den sonderlichen Mann kurzerhand zum Kloster hinaus, aber in den Dörfern und Einöden war er überall daheim und wohlgelitten. Und ob er im breiten Mühlwasser von Apoig die Buben mit dem Kahn spazierenfuhr oder von der Bergeshöh aus über die Waldheimat hinschaute, überall fühlte er sich gedrängt, in seltsam bildhafter Sprache von den künftigen Zeiten zu reden. Letztlich gingen alle seine Prophezeiungen immer wieder auf dieselbe schlichte Bauernweisheit hinaus: dass es wohl nicht gut enden könne und der „Bänk-Abräumer“ nimmer weit sei, wenn man einmal abfiele von Vätersitte und Väterbrauch. Uns was das lebendige Weiterwirken bis zum heutigen Tag anlangt, so kann sich kein gedrucktes Buch der Aufklärung mit dem gesprochenen Wort des Mühlhiasl messen.“ Soweit Expositus Hofmann.
Der mehrfach ausgezeichnete bayerische Autor Manfred Böckl hat neben Dutzenden anderer Werke den Roman „Der Mühlhiasl“ 1998 geschrieben. Im Kapitel „Das gesicherte Leben des Mühlhiasl“ lesen wir u.a.:“ Das Geburtsjahr ist in einem Taufbuch des Prämonstratenserklosters Windberg dokumentiert: Auf der Mühle seiner Eltern in Apoig wuchs Matthäus auf. Das Gebäude hat sich erhalten, es steht am Ende des „Mühlhiasl-Weges“ und ist an seiner ungewöhnlichen vorgezogenen Giebelanbau über der Haustür sofort zu erkennen. Bei seinem Vater und vielleicht auch bei Verwandten auf der sogenannten „Unteren Klostermühle“, erlernte Matthäus das offenbar in der Familie vererbte Handwerk.
Am 23.Dezember 1778 übernahm er die Apoiger Mühle, die auch als „Obere Klostermühle“ oder „Stoaberger Mühle“ (nach der zuständigen weltlichen Herrschaft Steinburg) bezeichnet wurde. Als Pächter war der 25-jährige Matthäus Lang nun den Windberger Mönchen zins- oder steuerpflichtig. Er musste Mehl für die Patres liefern, durfte nebenher aber auch auf eigene Rechnung arbeiten. Einfach war es für ihn sicher nicht, auf diese Weise seinen Unterhalt zu verdienen, denn die hohen Abgaben an das Kloster belasteten den Betrieb arg. Außerdem wurde das Anwesen immer wieder von schweren Überschwemmungen heimgesucht, wie zeitgenössische Quellen melden.
Vielleicht heiratete Matthäus Lang deshalb relativ spät. Am 19.8.1788, jetzt in seinem 35.Lebensjahr stehend, vermählte er sich mit der Barbara Lorenz aus Racklberg. In den Jahren zwischen 1789 und 1800 wurden dem Paar acht Kinder geboren, von denen freilich nicht alle überlebten. Und 1799 traf die Familie ein weiteres Unglück: Wegen der schlechten Zeitläufe sah Matthäus Lang sich gezwungen, vom Windberger Abt ein Darlehen in Höhe von 75 Gulden aufzunehmen – welche Schulden ihn wenig später um seine Existenz bringen sollten.
Als er nämlich im Jahr 1801 das geliehene Geld nicht zurück erstatten konnte, sprangen die Prämonstratenser ausgesprochen hart mit ihm um. Samt seiner Familie musste er die Apoiger Mühle verlassen, wurde praktisch von Haus und Hof getrieben. Ein Streit in einer anderer Sache (der Mühlhiasl, wie er mittlerweile im Volksmund hieß, soll angeblich verdorbenes Mehl geliefert haben) ging voraus. Zudem muss es schon vorher Ärger mit den Mönchen gegeben haben, denn die Überlieferung berichtet, diese hätten Matthäus Lang aus der Windberger Kirche gejagt, nachdem er – seltsam genug – die Kanzel habe besteigen wollen.
In der Zeit seiner Verfolgung von der „Oberen Klostermühle“ fällt auch die erste gesicherte Prophezeiung des Mühlhiasl. Im Zorn über das herzlose Vorgehen der Prämonstratenser rief er, ihnen sinngemäß zu: „Ich muß gehen – aber bald werdet ihr selbst aus eurem Kloster rennen müssen! Und aus den Fenstern von Windberg werden Weiber und Kinder herausschauen!“ Schon zwei Jahre später, 1803, traf diese Vorhersage ein: Im Zuge der Säkularisation, verjagten Soldaten auch in Windberg die Mönche aus ihrer Abtei, und die Gebäude wurden dann von Bedürftigen aus der Umgebung bezogen.
Bereits 1801 jedoch war Matthäus Lang heimatlos und damit, zumindest nach außen hin, zum Vagabunden und Wanderarbeiter geworden. Entweder ganz oder vielleicht zunächst nur periodisch hatte er sich von seiner Familie getrennt und durchstreifte nun den Bayerischen- und den Böhmerwald. Zahlreiche Orte, wo er auftrat und Prophezeiungen abgab, werden in der Volksüberlieferung genannt; ein Schwerpunkt kristallisiert sich aber im Zwieseler Winkel heraus. Vor allem im Dorf Rabenstein hielt er sich zweifellos sehr häufig auf; verbrachte in dieser Gegend einen Großteil seines restlichen Lebens.
Freilich war er hier nicht länger als Mühlhiasl bekannt. Vielmehr wurde er als einer, der aus der Herrschaft Steinburg im Vorwald stammte, mundartlich „Stoaberger“ gerufen. Daraus bildete sich später sein im Hinteren Wald bekannter zweiter Name Stormberger.
Auch die Buchinger-Leute, deren Nachfahren bis in die unmittelbare Gegenwart herauf in ihrem kleinen Anwesen zu Rabenstein lebten, nannten ihn so. Hier ist die Erinnerung an ihn hautnah greifbar; selbst der Platz hinter dem Ofen, wo der große Hellseher des Bayerwaldes oft kauerte, ist in jenem Haus unvergessen geblieben. Und vom Dorf Rabenstein aus ging der „Stormberger“ auch seinen hauptsächlichen Tätigkeiten ab etwa 1801 nach. Für das Kißling’sche Glashüttengut arbeitete er als Kohlenbrenner und hütete zwischendurch auf den Schachten (Hochweiden) des Hennenkobel oder des Hengstberges die Rinder der Waldbauern.
Die meisten seiner Prophezeiungen fallen in diese Zeit. Der Hellseher raunte sie in den Bauernstuben der Gegend; sie fielen beim Zusammentreffen mit anderen Hüttenknechten, Hirten, Fuhrleuten oder wandernden Handwerksburschen und bei wenigstens einer Gelegenheit sorgte der Mühlhiasl selbst in der Zwieseler Kirche für erregtes Aufsehen. Die Ohrenzeugen wiederum gaben seine Vorhersagen unter sich weiter und machten sie dadurch noch zu seinen Lebzeiten zum Voksgut des Bayerischen- und Böhmerwaldes – bis hin zu seiner letzten, in welcher der Mühlhiasl die genauen Umstände seines eigenen Leichenbegräbnisses prophezeite.
„Als Toter komme ich euch noch einmal aus!“ sagte der bereits hinfällige Seher im Buchinger-Häusl von Rabenstein. Nachdem er verstorben war, lud man den Sarg auf ein Ochsenfuhrwerk und karrte ihn über Klauzenbach nach Zwiesel, wo Matthäus Lang seine letzte Ruhestätte finden sollte. Auf der Hammerbrücke brach eine Wagenachse. Die Totenkiste des Mühlhiasl stürzte herunter und sprang auf – der Verstorbene reckte wie zum Abschied den Arm aus dem Sarg.
Beerdigt wurde der Mühlhiasl laut Überlieferung außerhalb der Mauer des alten Zwieseler Friedhofs, der nicht mehr existiert. Die Stelle, wo sich das Grab befunden haben muss ist jedoch bekannt: der Platz im oberen Drittel des Stadtplatzes, wo heute das Kriegerdenkmal steht.
Bettelarm beendete Matthäus Lang sein Leben, und seine letzte Ruhestätte war die eines verachteten Manschen.
Zunächst noch ein paar Worte zu seinen Hinterbliebenen. Nachdem Mattias Lang im Jahr 1801 oder auch etwas später in den Zwieseler Winkel abgewandert war, hielten sein Gattin Barbara und die Kinder sich vermutlich zunächst eine Weile bei den Eltern in Racklberg auf. Anschließend bot sich ihnen die Möglichkeit einer neuen Existenz in Straubing, wo ebenfalls Mitglieder der weit verzweigten Lang-Sippe lebten. Zusammen mit einem gewissen Mathias Lang. der ein Jahr jünger als Matthäus Lang, der Mühlhiasl, war, betrieb Barbara dort am Leichenweg nach St.Peter eine kleine Gärtnerei. Barbara war Mitinhaberin dieses Betriebes, so dass – rechtlich gesehen – auch ihr Gatte Matthäus Teileigentümer gewesen sein muss. Als Mathias Lang 1805 starb, ging der Besitz an Barbara Lang über. Bis 1809 taucht sie allein unter ihrem Familiennamen in den Einwohnerlisten der Stadt Straubing auf; ab jenem Zeitpunkt wird sie als Witwe geführt. Und damit ist das Ableben ihres Gatten Matthäus, des Mühlhiasl, festgemacht. Irgendwann im Jahr 1809 muß der Waldprophet in Rabenstein verstorben und seine Witwe in Straubing von seinem Tod benachrichtigt worden sein.
Um das Leben und Sterben des Mühlhiasl widmet Böckl ein weiteres Kapitel auf Seite 16 mit der Überschrift „Der falsche Mühlhiasl des Dr. Haller“. Darin setzt er sich vehement mit den Behauptungen Dr. Hallers auseinander. Hier der ganze Wortlaut:
„Die Existenz des Waldpropheten ist tief in der Volksüberlieferung verwurzelt; historische Nachforschungen stellen zudem zweifelsfrei klar, dass Matthäus Lang (1753 bis 1809) der Mühlhiasl war. Trotzdem bestreitet der Volkskundler Dr. Reinhard Haller in seiner Ende 1993 erschienen Arbeit „Mühlhiasl – Vom Leben und Sterben des Waldpropheten“ das Wirken des Hellsehers und behauptet, es habe nie einen Bayerwaldpropheten dieses Namens gegeben.
Nach der Lektüre von Hallers Buch kündigte ich in einem Interview in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 5./6.Januar 1994 an, dass ich die These des Frauenauer Volkskundlers widerlegen würde. In meinem eigenen Werk „Propheten, Seher und Auguren“ habe ich dies im Kapitel „Der Mühlhiasl lebte!“ getan.
Meine damalige Arbeit fand sehr viel Zustimmung bei anerkannten Mühlhiasl-Forschern wie etwa Dr. Rupert Sigl aus Straubing und „Waldlern“, die über den Mühlhiasl bestimmt nicht weniger wissen als Haller. Sie alle waren mit mir der Meinung, dass der Frauenauer Volkskundler bei seinen Nachforschungen einem „falschen Mühlhiasl“ aufgesessen ist, dessen Lebensdaten sich von denen des echten deutlich unterscheiden. Hier meine Beweisführung, zu der ich nach wie vor stehe und mit der Haller-These ad absurdum geführt wird.
Zunächst gesteht Dr. Haller in seinem Buch zu, dass die Lebensdaten des Mathäus Lang, geboren im September 1753 im Kloster Windberg, bis zum Jahre 1891 gesichert sind und die traditionelle Mühlhiasl-Forschung hier nicht irrt. Ab 1801 jedoch, dem Zeitpunkt, da Matthäus Lang sein Anwesen verließ, scheiden sich die Geister. Während die „orthodoxe Lehre“ behauptet, dass sich der zahlungsunfähige Müller von seiner Familie trennte und im Bayerischen Wald als Hirte, Köhler und Hellseher lebte, vertritt Haller die Ansicht, dass eben derselbe Matthäus Lang von Apoig nach Straubing zog, sich dort als gewöhnlicher Bürger niederließ und bis zu seinem Tod im April 1805 zusammen mit seiner Gattin Barbara eine kleine Gärtnerei am Leichenweg nach St. Peter betrieb.
Nun folgert Haller – scheinbar völlig logisch – weiter, dass dieser Lang eben nicht der Waldprophet Mühlhiasl gewesen sein könne, denn er habe sich ja nachweislich nach 1801 gar nicht im Bayerischen Wald aufgehalten, sondern sei vielmehr zu einem Straubinger geworden. Zwar bringt Haller keine Dokumente bei, die beweisen könnten, dass Lang von 1801 tatsächlich ununterbrochen in der Gäubodenstadt lebte, doch immerhin hat der Volkskundler eine Quelle ausgegraben, die Umstände und Datum des Todes seines M. Lang genau fixiert. Vor allem an diesem Eintrag im Sterbebuch der Pfarrei St. Peter zu Straubing macht Haller seine These fest, wonach Matthäus Lang ein simpler Straubinger Gärtner ohne hellseherische Fähigkeiten gewesen und 1805 unbeachtet verstorben sei. Den berühmten Propheten Mühlhiasl habe es daher gar nicht gegeben; er sei ein Produkt der Volksphantasie, und deswegen könne er nun endgültig zu Grabe getragen werden. Hier der lateinische Text in den Straubinger Sterbematrikeln, auf dem Haller seine These aufbaut:“18.April 1805. Obiit Mathias Lang, civ. olitor uxoratus es pulmonum Tabe 51. annor. ultimus Sacramantis munitus. Sepult. 20. ejusd. ad. S. Petrum.“
Die deutsche Übersetzung nach Haller lautet folgendermaßen: „Am 18. April 1805 ist der verheiratete bürgerliche Gemüsegärtner Mathias Lang, gestärkt mit den letzten Sakramenten, im Alter von 51 Jahren an Lungenschwindsucht gestorben (und) am 20.April zu St. Peter begraben worden.“
Die Übertragung des lateinischen Textes ins Deutsche ist exakt – von einer Kleinigkeit abgesehen. Ehe jedoch mit Hilfe eines Übersetzungsfehlers Hallers These widersprochen werden soll, wollen wir uns einmal die Vornamen des Mühlhiasl und des Toten vom Straubinger Petersfriedhof näher ansehen.
Zweifelsfrei war der Mann, der in der Volksüberlieferung als Waldprophet lebendig geblieben ist, auf den Rufnamen Matthäus getauft. So steht es in den Klosterbüchern von Windberg. Der Straubinger Gärtner jedoch heißt in den Sterbematrikeln Mathias. Hier liegt ein erster Widerspruch. Der wahre Mühlhiasl kann nicht identisch mit jenem Mathias Lang aus Straubing gewesen sein.
Der entsprechende Passus in den Sterbebüchern besagt:“Obiit Mathias Lang (…) 51. annor“ – Haller übeträgt das, nicht ganz exakt, so dass jener Lang „im Alter von 51 Jahren“ verstorben sei. In Wirklichkeit muß die Stelle „51.annorum)“ aber richtig so übersetzt werden dass Mathias Lang „im 51. seiner Jahre“ stand, als er beigesetzt wurde. Wer im 51. Lebensjahr steht, kann jedoch dieses 51. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
Und nun sehen wir uns noch einmal die Lebensdaten des Matthäus Lang aus Apoig an. Er, der wahre Mühlhiasl, wurde am 16.September 1753 getauft. Im April 1805 hätte er folglich, nicht in seinem 51., sondern bereits in seinem 52. Lebensjahr gestanden, und im September 1805 hätte er es vollendet.
Wäre also der ehemalige Müller von Apoig zu der bewussten Zeit auf dem Straubinger Totenacker beerdigt worden, dann hätte der Eintrag im Matrikelbuch lauten müssen:“Obiit 52. annorum.“ Es steht aber dezidiert eine abweichende Altersangabe da, und dies wiederum kann nur bedeuten, dass Dr. Reinhard Haller in der Gäubodenstadt ein „Phantom aus dem Petersfriedhof“ ausgemacht hat. Da Gärtner Mathias Lang aus Straubing, der sich zudem auch noch durch seinen Vornamen unterscheidet, kann unmöglich der fallierte Müller Matthäus Lang aus Apoig, also der Mühlhiasl, gewesen sein!
Dennoch bleiben einige Fragen offen. Zu dem einen wirft die Übereinstimmung der Familiennamen des echten Hellsehers und des Gärtners (zunächst) ein Rätsel auf; zum anderen geht es um die Gattin Barbara des wahren Mühlhiasl, die nach 1801 tatsächlich in jenem Bürgerhaus in Straubing lebte. Gerade der zweite Fakt scheint doch wieder dafür zu sprechen, dass auch Matthäus Lang dort ansässig war, und natürlich baut Haller dies in seine These ein. Er schreibt, die Witwe des „M. Lang“ habe das Anwesen ab 1805 allein bewirtschaftet und sei 1818 verstorben. In Wahrheit wird es aber so gewesen sein, dass der Gärtner Mathias Lang ein Verwandter des Mühlhiasl Matthäus Lang war, was die Namensgleichheit am allereinfachsten erklärt. Die Apoiger Famile war groß, Mathäus Lang war das fünfte Kind seiner Eltern; verschiedene, andere Zweige der Sippe lassen sich in der fraglichen Gegend nachweisen. Wenn nun, wie die Volksüberlieferung berichtet, der Mühlhiasl ab 1801 zum ruhelosen Wanderer und dann im Zwieseler Raum zum „Stoaberger“ wurde, dann musste sich natürlich jemand um seine Gattin und die Kinder kümmern. Am natürlichsten hätte das ein Bruder, Vetter oder Onkel des Matthäus getan; eben jener Mathias Lang. In einer Zeit, in der überall noch die Großfamilien existierten, wäre das wahrlich keine Sensation gewesen.
Barbara Lang wäre dann nicht die Gattin des Gärtners Mathias Lang gewesen, wie Haller schreibt, sondern eine mit diesem Mann verschwägerte Inwohnerin und Mitbesitzerin des Anwesens am Leichenweg nach St. Peter. Bis 1805, dem Todesjahr des Verwandten, wirtschaftete sie zusammen mit ihm; anschließend führte sie den Betrieb allein weiter.
Allerdings nicht als seine Witwe, wie Haller behauptet, denn sie taucht bis 1809 überhaupt nicht unter dieser Bezeichnung in den Straubinger Urkundenauf. Vielmehr war sie noch immer die Gattin des mehr oder weniger verschollenen Mühlhiasl, der wiederum durch die nach wie vor bestehende Ehe und Gütergemeinschaft mit ihr rechtlich Miteigentümer der Gärtnerei war, auch wenn er daraus für sich wohl keinen Nutzen zog. Erst 1809 – vier Jahre nach dem Tod des „falschen Mühlhiasl“ Mathias Lang – erscheint Barbara daher logischerweise als „Math. Lang Gärtlers Witwe“ in den Matrikeln; sie wurde erst zu diesem Zeitpunkt Witwe, weil nun auch der echte Mühlhiasl Matthäus Lang in Rabenstein verstorben war. Als „Gärtlers Witwe“ aber wurde sie bezeichnet, weil juristisch eben auch ihr Gatte Matthäus Lang Teileigentümer der Gärtnerei in Straubing gewesen war.
Nur so fügen sich alle Teile des Puzzles schlüssig zusammen, zweifelsfrei ergibt sich die Erkenntnis: Mathias Lang, der tatsächliche Betreiber der Gärtnerei in der Gäubodenstadt, war im Gegensatz zu seinem Verwandten Matthäus Lang der „falsche Prophet – der wahre Mühlhiasl lebte anderswo und war zudem älter als Hallers „Straubinger Mühlhiasl-Phantom“.
Soweit Manfred Böckl.Auf einen Leserbrief vom 7.4.2001 im Straubinger Tagblatt über den

Mühlhiasl antwortete am 11.4.2001 der Buchautor

Walter Zeitler

der das Werk „Der Mühlhiasl und seine Prophezeiungen“ 1987 in 1. Auflage herausgab:
„In dem Leserbrief über den Mühlhiasl in der Ausgabe vom 7. April ist auch mein Name erwähnt. Daher einige Anmerkungen:
Klaus Bielmeier irrt mit seiner Feststellung, bei den Mühlhiasl-Autoren sei die „Hauptsache, es wird verdient“. 1987 brachte ich ein Büchlein heraus „Der Mühlhiasl und seine Prophezeiungen“. Dies war ein großer Erfolg mit sieben Auflagen in kurzer Zeit. 1991 untersagte ich dann dem Verlag den weiteren Druck und Verkauf, trotzdem mich dieser mehrmals dazu drängte. Ich hätte ohne weiteres noch einige tausend Exemplare verkaufen können.
Der Sprecher der kleinen, aber hartnäckigen Anti-Mühlhiasl-Clique ist der jetzt zum Honorarprofessor der Uni Passau ernannte Dr. Reinhard Haller. 1976 brachte dieser ein Büchlein heraus „Der Starnberger-Stormberger-Sturmberger“, in welcher dieser sagenhafte Prophet aus dem Zwieseler Winkel so ziemlich das Gleiche prophezeite wie der Mühlhiasl. Doch da geriet er mit dem bekannten Mühlhiaslforscher Pater Dr. Norbert Backmund vom Kloster Windberg ins Gehege. Der Streit ging für Haller negativ aus: Sein Stormberger versank in der Versenkung, der Mühlhiasl lebte weiter. Der Stormberger war ein Phantom!
Nun ist Pater Backmund längst tot und da schien es Haller offensichtlich an der Zeit, dem Mühlhiasl den Garaus zu machen. Dass er dabei auch das Finanzielle im Auge hatte, zeigt der Titel seines Anti-Mühlhiasl-Buches. Er nannte es nicht „Es gab keinen Mühlhiasl“ oder ähnlich, sondern, damit es von vielen gekauft würde: „Mühlhiasl“ – Vom Leben und Sterben des Waldpropheten“. Doch es war wieder ein Fehlschlag. Sein „Aufklärungsbuch fand wenige Käufer, so dass er bei seinem Vortrag in Straubing eingestehen musste: „Die Wahrheit will keiner wissen!“
Wenige Wochen vor seinem Tod zeigte mir Pater Backmund vom Kloster Windberg die restaurierte Sakristei. Dabei sprachen wir natürlich auch über den Mühlhiasl und ich fragte: „Pater Backmund, hat der Mühlhiasl wirklich gelebt?“
Darauf Dr. Backmund wörtlich :“Ja, der Mühlhiasl hat wirklich gelebt, er ist eine historische Persönlichkeit.“ Pater Backmund war zu Lebzeiten, so lange er noch selbst in die Diskussion eingreifen konnte, der mit Abstand bedeutendste Forscher auf diesem Gebiet im Bayerischen Wald.
Der Leserbrief vom 7.4. ist gezielt zu dem am Wochenende vorher abgehaltenen Mühlhiaslmarkt in Hunderdorf geschrieben. Den Hunderdorfern kann ich nur sagen: „Lasst euch den Mühlhiasl nicht wegnehmen! Euer bekannter Gemeindebürger Norbert Backmund hat zuverlässig festgestellt: Der Mühlhiasl hat gelebt und hat auch prophezeit.“ Dies gilt auch, wenn manche das nicht wahrhaben wollen, vielleicht weil ihre Anti-Mühlhiasl-Bücher kaum jemand kaufen will.
Walter Zeitler, Reitmayrstraße 63b, 93051 Regensburg.

Ein gewisser

J. B. Raun

schreibt in seinem Artikel „Vom Mühlhansl und seinen Prophezeiungen über das Leben und die Weissagungen des Waldpropheten u.a.:
Er hat wirklich gelebt, der Mühlhansl. Ich kenne einen alten geistlichen Herrn von 92 Jahren, dessen Vater den Mühlhansl noch gekannt hat. Gelebt hat der Mühlhansl gegen Ende des vorvorigen Jahrhunderts und er reichte noch ins vorige Jahrhundert herein. Sein Leben spielte sich ab in der Englmarer Gegend. Ein Sonderling ist er sein Lebtag gewesen, d. h. ein Mensch der nicht im Zuge hinter der großen Herde einherschritt, sondern seine eigenen Wege ging, die ihn aber immer näher hinführten zu Gott, immer hinauf zu lichten Höhen, auf denen die Luft reiner ist und man viel mehr und vieles anderes sieht als in den Niederungen, wo sich die gewöhnlichen Menschen bewegen.
Also ein Sonderling war der Mühlhansl und darum – ein Prophet in der Wüste. So ernst er es auch nahm, so wenig ernst haben die Leute ihn genommen, wie denn von jeher die Einsamen und Seltsamen und gar die Propheten im eigenen Lande eher verlacht und verachtet als beachtet und geachtet wurden. War es ein Wunder, dass der sonderbare Mann mit seiner strengen Rede und seinen sonstigen Schrullen sogar in den Verdacht der Irrgläubigkeit kam?
Freilich wird sich schwer feststellen lassen, was genau vom Mühlhansl stammt und was etwa von anderen hinzugekommen oder im Laufe der Zeit verändert worden ist. Es mag ja manches, was man ähnlich auch in anderen Gegenden. hört, auf eine gemeinsame Quelle zurückzuführen sein, die vielleicht aus einem Kloster stammt. Und vielleicht hat der Mühlhansl selbst nur wiedergegeben, was er aus älterer Überlieferung geschöpft und in seinem Geiste weiter verarbeitet hat. Wie dem auch sei, interessant und zum Nachdenken sind die Prophezeiungen immerhin“.
Es folgen nun die schon bekannten Weissagungen. Auffallend ist, dass Raun den Seher als Mühlhansl nennt und nicht die Namenbezeichnung Mühlhiasl.

Zusammenfassung und Ergänzungen

Um einen geschlossenen Überblick zu erhalten, werden vorgehende Berichte abgekürzt zusammengefasst und mit weiteren Einzelheiten ergänzt und erklärt.

Die Mühle in Apoig

Vergeblich sucht man auf der Karte einen Ort mit dem Namen Apoig, denn seit Mitte der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts ist Apoig dem Ort Hunderdorf einverleibt. Der Name Apoig kommt von „abbiegen“; denn hier macht der Bogenbach einen Bogen in seinem Lauf, er biegt also ab. An Bedeutung hat Apoig Ende des 19. Jahrhunderts auch gewonnen, als dort an der neuerbauten Eisenbahnlinie der Bahnhof, die Post und eine Gaststätte errichtet wurde. Gewerbetreibende ließen sich nieder und schufen Arbeit für die hier lebenden Menschen.
Die Mühle in Apoig war bis zur Säkularisation 1803 im Besitz des Klosters Windberg. Dieses hatte in Dambach und Irlmühle bei Obermühlbach zwei weitere Mühlen in seinem Besitz. Nach der Auflösung des Klosters wurden alle Mühlen an Private verkauft.
Nur noch der Apoiger-Weg und eine Tafel vor der Gaststätte Sandbiller erinnern an diesen Namen, der in der Vergangenheit bekannter war als der Hauptort Hunderdorf.
Seine Berühmtheit erlangte der Ort Apoig durch den Seher und Propheten Mühlhiasl, der auf der dortigen Mühle zur Welt gekommen ist. Wann diese Mühle erbaut worden ist, konnte bisher nicht erforscht werden; sicher ist sie schon sehr alt und muß zu den vielen Mühlen gezählt werden, die schon im Mittelalter entstanden sind. Das Wasser der zahlreichen Bäche und kleinen Flüsse des Bayerischen Waldes haben schon sehr früh die Menschen zum Antrieb von Wasserwerken wie Mühlen, Hammerschmieden und in unserer Zeit zu elektrischen Turbinen angeregt.
Die älteste bekannte Kunde von der Mühle zu Apoig stammt aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. 1676 war ein Kaspar Hagnberger Müller auf der Apoiger Mühle. In diesem Jahr fand nämlich seine Trauung mit seiner Verlobten Maria statt. Kaspar muß bald gestorben sein und hinterließ keine Nachkommen. Unweit von Apoig, in der Ortschaft Höllmühle bei Mitterfels, lebte auf der dortigen Mühle die Müllersfamilie Lang. Von den vielen männlichen Kindern konnten nicht alle auf die Erbschaft der Mühle hoffen. Als nämlich Sohn Joachim Lang vom Tode des Hagnbergers erfuhr, sah er die Möglichkeit, durch die Heirat mit, der Witwe Hagnbergers selbständig zu werden. So kam es, dass sein Werben erhört wurde und er 1669 die Witwe Maria vor den Altar führen konnte. Diese Ehe begründete die Linie der Lang auf der Apoiger Mühle, die in der Folge in fünf Generationen in Apoig zu finden waren. Der Ehe entsprossen sicher mehrere Kinder. Eines davon, Simon Lang, wurde zum Vater des 1722 (oder 1725) geborenen Matthias Lang. Dieser war das einzige Kind des Simon Lang.
Er heiratete am 6. Juli 1745 die Anna Maria Iglberger vom nahen Grub, mit der er die Kinder Mathäus/Mäthias, geb.16.09.1753, Johann, geb.28.4.1755, Anna, geb.24.12.1757 und Anna Maria, geb.23.03.1762 hatte. Im Geburtsregister der Pfarrei Hunderdorf wird am 17. April 1752 ein in Steinburg geborener Johann Nepomuk Josef Lang genannt. Auch er könnte ein Sohn des Mathias Lang und seiner Frau Maria geb. Iglberger sein.
Die im Geburtsregister genannten Kinder Wolfgang, geb. 08.09.1789, Joseph, geb. 1790 und Jakob, geb. 12.07.1798 müssen als Söhne des Mathäus/Mathias Lang und seiner Frau Barbara Lorenz angesehen werden, die 1788 geheiratet haben.

Der Mühlhiasl als Müller

Im Jahre 1788 ehelichte Mühlhiasl die Barbara Lorenz von Recksberg bei Haselbach. Sie schenkte ihm acht Kinder; jüngster Sohn war Johann Evangelist; zwei Buben und eine Tochter starben früh. Schon im Jahre 1778 hat der Mühlhiasl die Mühle in Apoig von seinem Vater übernommen (bei Backmund erst 1799). Anders als seine Vorfahren, war der Mühlhiasl ein schlechter Wirtschafter. Ob der reiche Kindersegen oder andere Umstände daran schuld waren, wir wissen es nicht. Er kaufte schlechtes Getreide und verdarb somit das Geschäft. In seiner finanziellen Not nahm er 1799 vom Kloster Windberg ein Darlehen von 75 Gulden auf. Da er in der Folgezeit die Schulden nicht abzahlen konnte, mußte er 1801 von der Mühle weichen, die im Besitz des Klosters war. In diesem Zusammenhang hat er eine Prophezeiung gemacht, die das Schicksal des Klosters betraf. Als man ihn einmal vor der Klosterpforte stehen ließ und ihn verjagte, weissagte er: „Gut, ich gehe, aber so wie ihr mich jetzt verjagt, so werden euch bald andere aus dem Kloster jagen!“ Schon zwei Jahre später wurden bei der Säkularisation 1803 die Patres aus dem Kloster vertrieben.

Das Schicksal des Mühlhiasl

Nun war der Mühlhiasl heimatlos. Mit seiner Familie fand er zunächst im Nebengebäude der unteren Klostermühle in Dambach Unterschlupf, wo seine Großmutter und ein Sohn starben. Manche wollen wissen, dass seine Frau Barbara zu den Eltern nach Recksberg und dann zu Verwandten nach Straubing gezogen ist, wo sie in einer Gärtnerei Arbeit fand und diese 1805 erwerben konnte. Von seinem Halbbruder Joseph verliert sich jede Spur; zwei seiner Töchter verdingen sich als Hausmädchen und heiraten, zwei Buben sollen ausgewandert sein. Die Mühle in Apoig wurde 1801 an den Müller. Joseph Lettl von Irlbach um 3450 Gulden verkauft, die er zwei Jahre später um 7750 Gulden wieder veräußerte.
Und der Mühlhiasl? Nicht lange blieb er in Dambach. 1804/05 wird von einem Streit mit seinem Bruder Johann berichtet, der ihn veranlasste, die Heimat zu verlassen. Es trieb ihn in den Wald. Von Mühle zu Mühle zog er als Mühlenrichter und reparierte schadhafte Anlagen. Sogar als Viehhüter und Kohlenbrenner soll er sich verdingt haben, um zu überleben. Er soll sich in der Gegend um Rabenstein aufgehalten und in Zwiesel seine letzte Ruhe gefunden haben. Über den Ort und die Zeit seines Todes wird viel gerätselt. Genaues ist nicht bekannt. Er soll 1805 gestorben sein, weil in diesem Jahr seine Frau Barbara als Witwe bezeichnet wird. Andere verlegen seine Tod auf das Jahr 1825, in dem auch sein Bruder Johann verstorben ist. Pfarrer Landstorfer setzt seinen Tod in die Zeit zwischen 1810 und 1820, W. J. Beck sogar zwischen 1825 und 1830. Ob dieses Rätsel jemals gelöst werden kann?

Die Prophezeiungen des Mühlhiasl

In seine Heimat soll er nicht wieder zurückgekommen sein. In den finsteren Stuben der Waldlerhütten hörten ihm jung und alt zu, wenn er seine Weissagungen und Prophezeiungen zum Besten gab. Man staunte über seine Intelligenz und Sprachgewandtheit; viele belächelten ihn, andere bewunderten seine Sehergabe. Vieles von dem, was der Mühlhiasl vorausgesagt hatte, ist inzwischen eingetroffen, manches aber wartet auf eine Verwirklichung.
Über ein Jahrhundert wurden Mühlhiasls Prophezeiungen nur von Mund zu Mund weiter erzählt. Daß manches hinzukam oder weggelassen wurde, was aus dem Mund des Mühlhiasl kam, kann man sich denken.
Pfarrer Georg Mühlbauer, der 1921 im Alter von 93 Jahren starb, erfuhr über Mühlhiasls Prophezeiungen von seinem Vater, der nahezu 97 Jahre alt geworden ist und den Mühlhiasl persönlich gekannt haben soll. Die erste schriftliche Veröffentlichung stammt aus dem Jahre 1923 aus der Feder des Pfarrers Johann Evangelist Landstorfer, gestorben 1949 in Oberalteich. Die im Straubinger Tagblatt erschienenen Prophezeiungen hat er aus dem Munde des Pfarrers Mühlbauer erfahren. Ihm ist es also zu danken, daß diese heute noch lebendig geblieben sind.

Die Müllersfamilie Lang in Höllmühl und Apoig

Die Klostermühle im Dambachtal

15 Minuten vom Kloster Windberg entfernt; in der Talschlucht des Dambaches, steht die sog. Klostermühle. In der alten Mühle verbrachte der weithin bekannte Hellseher Mühlhiasl einige Zeit seines Lebens bei seinem Vetter (Bruder?) Johann Georg Lang. Neben der Mühle steht ein Haus das dem Waldpropheten als Behausung diente. An dem Gebäude hing einst eine Tafel mit der Inschrift: „Hier lebte der große Waldprophet. Mühlhiasl – Wenn d’Leit wieda mehr dengand nacha brauchma uns nix mehr denga.“-
Bis zur Auflösung des Klosters Windberg im Jahre 1803 gehörte die Mühle in Dambach zum Kloster Windberg, das diese an einen Müller verpachtete Bei der Säkularisation 1803 wurde sie Staatsrealität. Durch Kauf kam die Mühle dann an den damaligen Klostermüller Johann Georg Lang, den Vetter des Mühlhiasl. Scheinbar durch die Ehe seiner Tochter Anna Lang gelangte sie 1836 an Martin Obermayer und dann 1866 an dessen Sohn Johann Obermaier. Schon 1869 finden wir wieder einen Martin Obermaler auf der Dambacher Mühle. Durch Kauf um 3875 Gulden wurden Franz und Rosina Helmbrecht die neuen Besitzer. Nach Ableben des Xaver Helmbrecht 1903 veräußerte seine Witwe Rosina die Mühle für 4100 Mark und das Inventar für 1000 Mark an Martin und Babette Dorfner. 1918 kam der Besitz an Johann und Maria Ammer. Dieser ging dann an deren Sohn Josef Ammer über. Nach seinem Tode am 12.12.1997, er starb im Alter von 88 Jahren, verkauften die Erben die ehemalige untere Klostermühle an Benjamin Scholz aus München.

Die Klostermühle um 1925

Die Mühle, die durch das Wasser des Dambaches betrieben wurde, brannte 1931 nieder, seither ist sie nicht mehr in Betrieb. Da im 1. Weltkrieg Johann Ammer im Felde war, stellte man, einen Müllerburschen ein, von dem Sohn Josef das Müllerhandwerk erlernte. Damals kamen in die schwer zugängliche Mühle die Bauern mit Ochsen- und Pferdegespann, zuweilen sogar mit dem Schubkarren, um ihren Weizen oder Roggen mahlen zu lassen. Von Windberg, Irensfelden und Rakam kamen die Kunden zur Klostermühle, zu der auch einige Fischweiher gehören. Neben dem Haus befanden sich eine Tabak- und Hirsemühle. Ein 4 x 4 Meter großer Schacht war bis zu einem Hochwasser noch lange zu sehen. – Vor vielen Jahren kam ein fremder Pater vorbei und nahm sich von dem alten Wasserrad und vom Haus des Mühlhiasl einen Holzsplitter als „Reliquien“, wie er .es nannte, mit in sein Kloster. Im letzten Krieg vermoderte das Wasserrad, die Eisenteile wurden an einen Alteisenhändler verkauft. Auf einem alten Bild. präsentiert sich die Mühle als beachtliches Gebäude im Waldlerstil. Das jetzige Haus hat kaum mehr Ähnlichkeit mit der alten Mühle. Die Familie Ammer wurde bis zuletzt als die „Klostermüllner“ angeredet.

So sah die Klostermühle früher aus (1915)
und die Klostermühle heute 1999
Besitzer der Mühle auf einen Blick:

vor 1803 Kloster Windberg
um 1803 Johann Georg Lang
1836 Martin Obermaier mit Anna Lang (?)
1866 Sohn Johann Obermaier
1869 Martin Obermaier
1886 Xaver und Rosina Helmbrecht
1903 Rosina Helmbrecht Witwe
1903 Martin und Babette Dorfner
1918 Johann und Maria Ammer
1938 Josef Ammer (12.8.)
1998 Benjamin Scholz aus München

Die Klostermühle in Dambach bestand seit jeher aus zwei Gebäuden, wie unser Bild aus dem Jahre um 1990 zeigt. Auch im Grunsteuer-Kataster des Rentamtbezirks Mitterfels ist die Rede von zwei Haunummern (83 und 84) der Steuergemeinde Windberg.
Zur unteren Klostermühle gehörten schon immer auch einige Fischweiher, die heute noch dort zu finden sind.
Bei der Inventur des Klosterbesitzes am 25.6.1803 wurde die Mühle in Dambach wie folgt beschrieben:

Eine hölzerne Klostermühle.

Die vom Kloster 1/4 Stunde gegen Süden gelegene Mühle ist 77 Schuh lang und 34 Schuh breit, von dieser ist nur der Kamin, das Wasserbett und die bei demselben befindliche Giebelmauer von Maurerarbeit.
Die Einteilung besteht in einer Stube, Kammer, Kücherl im Kamin, Flötz, Mahlplatz und Wasserbett; über der Wohnung unterm Schindeldach ist noch ein Boden und Kammer, das wenige Wasser ist nur auf ein einziges überschlachtiges Rad manchmal sehr sparsam hinreichend. Bei lang anhaltender Trockenheit muss, bis sich wieder genug Wasser in die Weiher gesammelt hat, öfters ausgesetzt werden mit dem Mahlen.
Über Abzug der Baufläche ergibt sich zum wahren Wert 500 fl.

Zweite gemauerte Klostermühle

Diese liegt von obiger etwas abwärts entfernt, ist gemauert mit Schneidschindeln gedeckt 40 Schuh lang und 29 Schuh breit, hat einen Eingang zum Mahlplatz ein etwas tieferes Behältnis, und über dieselbe ist ein Mühlstüberl, vielmehr Kammerl, über dem Mühlplatz ist ein Mehl- und Getreideboden, dann hinter dem Mühlplatz die Backstube oder Wasserbett mit einem überschlachtigen Rad, welches das von der oberen Mühle weglaufende Wasser treibt, folglich sind auch die nämlichen Verhältnisse wie bei der ersten bezüglich zu beobachten.
Diese hat zum Wert nach Abzug der Reparaturen 250 fl.
K. KLAR

Klostermühle um 1980
Der Seher von Apoig hat doch gelebt!

Neue Forschungsergebnisse durch Dr. Odzuck v. K. Klar
Am 31.Dez.2001 wurde im Straubinger Tagblatt ein neues Buch unter dem Titel „Auf den Spuren des Mühlhiasl, eine Tatsachenerhebung“ vorgestellt. Der Autor Dr. Wolfgang Odzuck stellt darin fest, dass nicht der bisher vermeintliche Mathias Lang d. J., geb. 16.09.1753, der sog. Mühlhiasl der Seher war sondern sein Bruder Johann, geb. am 28.04.1755. Zu dieser Annahme kommt der Autor durch die Studie seines Lebens und das Anforderungsprofiel an den Mühlhiasl. Bestärkt wurde Dr. Odzuck in dieser Feststellung durch einen abgedruckten Bericht um 1920 von J. B. Raun, der den Seher nicht als Mühlhiasl sondern Mühlhansl mehrfach nennt. Hansl sei dabei die Kurzform des Namens Johann. Diese Behauptung ist ein ganz neuer Gesichtspunkt in der Mühlhiaslforschung.
Was die Prophezeihungen des Sehers von Apoig betrifft, hat Dr. Odzuck keine wesentlichen Unterschiede zu den schon bekannten Aussagen anderer Autoren entdeckt. Ausführlich beschäftigt sich das neue Buch mit dem Leben der Personen, die im Zusammenhang mit den Weissagungen des Mühlhiasl bzw. Mühlhansl stehen, auf die hier kurz eingegangen wird.
Odzuck hat die Kenntnisse dazu beim Studium der Kirchenbücher (Geburts- Heirats- und Sterbematrikel) der Pfarrei Hunderdorf im Bischöflichen Zentralarchiv Regensburg, im Staatsarchiv Landshut, Pflegegericht Mitterfels, und in vielen anderen Quellen erforscht.
Mathias Lang d. Ä. war mit Anna Maria geb. Iglberger von Grub bei Hunderdorf verheiratet. Beide hatten die Kinder Mathias d. J. und Johann.
Mathias d. J. wurde am 16.09.1753 in Apoig geboren. Er war mit Barbara, geb. Lorenz (geb. 28.11.1765) aus Recksberg bei Haselbach verheiratet und hatte mit ihr 7 Kinder (bei anderen Autoren sind es 8), unter ihnen die Söhne Wolfgang, geb. 08.09.1789 und Josef, geb. 08.01.1791. Mathias d. J. soll 1778 bzw. 1788 die Mühle von seinem Vater übernommen haben. 1801 übersiedelt er mit seiner Familie nach Straubing, wo sie eine Gärtnerei erwarben. Mathias d. J. soll 1805 in Straubing gestorben sein. Er wurde bisher als der weit bekannte Prophet Mühlhiasl betrachtet. Mathias Lang d. J. wurde eigentlich als Mathäus getauft, doch fast alle Autoren nennen ihn mit dem Namen Mathias.
Johann Lang, geb. am 28.04.1755, war der Bruder des Mathias d. J. und ehelichte 1789 Anna Maria Schreiner, die illegale Tochter des Webers Johann Schreiner von Rankam bei Degernbach. Ihre Mutter Walburga Schreiner hat Anna Maria, eine geb. Mayr aus Untermenach, an Johann Lang verheiratet. Nach Dr. Odzuck war Johann der im Walde bekannt gewordene Prophet Mühlhiasl. Er wird als Hirte beim Geburtseintrag der Söhne Jakob und Martin bezeichnet. Nach dem Verkauf der Apoiger Mühle soll Johann beim neuen Besitzer Joseph Lettl als Mühlknecht und dann bei seinem Vetter Georg Lang auf der Klostermühle in Dambach gewohnt haben. Nach einem Streit mit dem Bruder Mathias verschwindet er von Apoig und verdingt sich als Hirte im mittleren Bayerischen Wald. Er muss jedoch an seinen Heimatort zurück gekehrt sein, da er am 08.07.1825 in Hunderdorf beerdigt wurde. Johann konnte nicht schreiben, was aus dem Heiratsbrief seines Sohnes Jakob vom 21.01.1825 hervorgeht. Johann Lang hatte die Söhne Jakob, geb.17.07.17901 und Martin, geb. 11.11.1791.

Lage des ehemaligen Friedhofs von Hunderdorf (um 1930), auf dem Johann Lang beerdigt wurde. Die ehemalige Pfarrkirche (erbaut 1699, abgebrochen 1935/36) und das ehemalige Leichenhaus, auch Seelenkapelle genannt (aus dem 18. Jahrhundert).

Georg Lang, Sohn des Bruders von Mathias Lang d. Ä., also der Vetter der Brüder Mathias d. J. und Johann, wurde am 24.04.1757 auf der Höllmühl bei Mitterfels geboren. Bei der Säkularisation des Klosters 1803 erwarb er die Klostermühle in Dambach. 1804 heiratete er die Rosina Staudinger und starb am 07.02.1833 auf der Klostermühle als Müller und Gütler.
Ob nun Mathias d. J. oder sein Bruder Johann, wie Dr. Odzuck behauptet, der berühmt gewordene Prophet des Waldes ist, ist für die Person des als Mühlhiasl bekannten Sehers sicher noch nichteindeutig geklärt. Auf alle Fälle ist auch durch diese neuen Forschungsergebnisse bestätigt worden, dass der Mühlhiasl oder Mühlhansl gelebt hat und Angehöriger der Müllersfamilie Lang war, die seit 1689 auf der Mühle in Apoig nachgewiesen ist.

Besitzer der Mühle in Apoig:

bis 1689 Kaspar und Maria Hagnberger
ab 1689 Familie Lang
1778/1788 Mathias Lang d. J.
1799 Pächter Johann Probst
1801 Joseph Lettl
1803 Wolfgang Sperl
1804 Johann Schießl
1811 Versteigerung
um 1850 Brandschaden
1908 Josef Hobmeier
1968 Georg Schneider
1986 Dieter Schneider

Der Bruderzwist und das Mühlhiaslkreuz

Ein Ereignis aus dem Leben des Mühlhiasl soll hier noch angeführt werden. Wolfgang Johannes Bekh schreibt in seinem Buch „Mühlhiasl, der Seher des Bayerischen Waldes. Deutung und Geheimnis“:
1935 wurde der Pfarrprovisor Lecker von Hunderdorf zu einer Sterbenden gerufen. Sie lebte in der Oberen Klostermühle, der Apoigmühle, die früher an Mathäus Lang alias Mühlhiasl verstiftet gewesen war. Nachdem Pfarrer Lecker die Sterbesakramente gespendet hatte, bemerkte er an der Mauer neben dem Kamin ein beschädigtes, völlig verrußtes Kruzifix. Dem hölzernen Christus hingen die Arme herab, an den verschränkt angenagelten Füßen fehlten einige Teile. Der Querbalken war aus dem Lot. Pfarrer Lecker berichtet wörtlich: „Als ich so das Kreuz anschaute, meinte die Tochter der Sterbenden, Herr Pfarrer, wolln’s dös Kreuz? Als ich dies bejahte nahm ich es von der Wand. Während sie es in Zeitungspapier einwickelte, erzählte sie mir, daß dies das Mühlhiasl-Kreuz sei. Einmal hätte der Mühlhiasl hier in der Apoigmühle mit seinem Bruder Streit bekommen. Dieser Bruder war der 1755 geborene, als Hüter des Klosters Windberg beschäftigte Johann Lang. Was der Grund für den Streit war, wissen wir nicht. Im Verlauf des Streites habe der Bruder ein Messer gezogen und sei auf den Mühlhiasl losgegangen. Dieser sprang zur Seite, riß im Herrgottswinkel das Kruzifix herunter und schlug es seinem Bruder über den Kopf. Die Verletzungen des Bruders müssen sehr schwer, gewesen sein, denn der Mühlhiasl habe auf der Stelle die Apoigmühle verlassen und sich im Wald versteckt. Sein Bruder überlebte den Streit und starb viele Jahre später in der Pfarrei Hunderdorf. Gelegentlich war auch vermutet worden, der Mühlhiasl sei aus Angst vor gerichtlicher Verfolgung geflohen.“

Herr Robert Graf Mitarbeiter des Historischen Vereins Straubing, schrieb am 10.4.03 an die Gemeinde Hunderdorf:
„Im Jahre 2001 konnte ich beim Quellenstudium im Stadtarchiv Straubing zur Häusergeschichte Straubings“ mehrere unumstössliche Belege dafür finden, daß der mit dem „Mühlhiasl“ gleichgesetzte Mathias (o. Mathäus) Lang 1 Woche nach dem Verkauf der Mühle in Apoig im Frühjahr 1801 vom Verkaufserlös ein Gärtleranwesen (Hs.Nr. 587 nach der Numerierung von 1809) in der Straubinger Altstadt, genauer gesagt in der heutigen Krankenhausgasse (etwa gegenüber der Einmündung der Lindenstrasse), erworben hat. Dies geht aus den tatsächlich noch vorhandenen Briefprotokollen der Stadt Straubing eindeutig hervor. Dabei wird als Käufer genannt: Mathias Lang, gewester Müller von Apoig, dazu seine Ehefrau Anna Barbara. Diese Protokolle berichten von mehreren Schuldaufnahmen in der Folgezeit, was darauf hinweist, daß Mathias Lang nicht im Bayerischen Wald herumschwirrte, sondern sich mit ganz realen Problemen als „Existenzgründer“ in der Gärtler-Wirtschaft konfrontiert sah – die Konkurrenz war auch damals schon groß. Bis zu seinem belegten Ableben 1805 (siehe Haller) bewirtschaftete er dieses Anwesen, danach übernahm die Witwe Anna Barbara das harte Geschäft bis zu ihrem Tode im Jahr 1818. Danach wurde das Haus abgerissen und das Grundstück dem Nachbaranwesen zugeschlagen.
Diese Briefprotokolle im Stadtarchiv Straubing blieben bisher von den „Mühlhiasl-Forschern“ gänzlich unbeachtet – sie passten auch ganz und gar nicht zu dem Bild, das man sich vom Waldpropheten und seinem unsteten, vagierenden Lebenslauf gemacht hatte und seinen Lesern jahrzehntelang verbrämt und geschönt vermittelt hatte!“
Soweit Herr Robert Graf.

Ich erlaube mir nun dazu einige Gedanken zu äußern.
Die Ausführungen von Herrn Graf, mögen sie zutreffen, beweisen nur, dass es den Mühlhiasl gegeben hat. Was aber die Zeit betrifft, in der er seine Prophezeiungen unter das Volk gebracht hat, ist damit nicht gelöst.
Mühlhiasl war bei seinem Weggang von der Apoiger Mühle fast 50 Jahre alt. Er hatte als Müller vorher viel Kontakt mit den Menschen der Umgebung, denen er sicher von seinen Visionen erzählt hat. Herr Graf berichtet auch, dass die Familie Lang in Straubing Schulden gemacht hat. Es kann deshalb angenommen werden, dass der Mühlhiasl gezwungen war, sich einen Nebenverdienst zu suchen. Manche „Forscher“ meinen, er sei als Mühlenrichter unterwegs gewesen. Trifft das zu, so hat er sich zu dieser Arbeit sicher die Mühlen im vorderen Bayer. Wald ausgesucht, um sich ein paar Groschen zu verdienen. So hat er weiter Gelegenheit gehabt, seine Visionen unter das Volk zu bringen.
Über 120 Jahre hat es gedauert, bis seine Prophezeiungen von Pfarrer Landsdorfer 1923 zu Papier gebracht wurden. In diesen vielen Jahrzehnten ging sein Name von Mund zu Mund, besonders dann, wenn seine Vorhersagen sich zu verwirklichen schienen. Es ist kaum denkbar, dass sich seine Visionen und sein Name so lange haben halten können, wenn, von Anfang an alles nur „Schall und Rauch“ gewesen wäre.
Ein einziger Artikel von J. B. Raun um 1925 nennt den Bruder des Mühlhiasl, Johann, als Mühlhansl, der nach ihm der Seher von Apoig gewesen sein soll. Außer dem in diesem Zeitungsbericht genannten Mühlhansl haben weder vorher noch nachher Menschen diesen Namen genannt.
Was den Inhalt der Prophezeiungen des Mühlhiasl betrifft ist sicher anzunehmen, dass in der langen Zeit bis zur ersten schriftlichen Darstellung viel dazugedichtet, dem Sinn nach verändert oder gar weggelassen wurde. Mögen die Kritisierer noch so laut gegen den Seher von Apoig ins Feld gehen, der Mühlhiasl wird im Volke weiterleben. Wir Hunderdorfer halten zu ihm und haben für alle Gegenbeweise nur ein müdes Lächeln.
K. Klar, Chronist der VG Hunderdorf, 2003.

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