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Mühle Hofdorf als Stromlieferant von Windberg
Nachstehend ein Vertrag zwischen der Stromvesorgungsgenossenschaft Windberg und dem Eigentümer der Hofdorfer Mühle, Rupert Marchl wegen Stromerzeugung und -lieferung. Der Vertrag trägt leider kein Datum. Er dürfte wohl vor dem Vertrag errichtet worden sein, der am 1. 10. 1934 zwischen der Abtei und der Stromvesorgungsgenossenschaft Windberg geschlossen worden ist.
„Der Mühlenbesitzer MARCHTL in Hofdorf, Gemeinde Hunderdorf, erzeugt für die Stromversorgungsgenossenschaft in Windberg mit einer neu zu erstellenden Licht- und Kraftversorgungsanlage vorgenannte Genossenschaft mit Licht- und Kraftstrom. Das Werk wird auf seine Kosten erstellt. Die Zuleitung zur Ortschaft Windberg stellt die Stromversorgungsgenossenschaft.
Der Erzeuger verpflichtet sich zur Lieferung von elektrischem Licht- und Kraftstrom in dauernder Abgabe. Er sorgt durch neuzeitliche Maschinen dafür, daß die Maschinen stets in gutem Zustande und intakt sind. Zeigt es sich, daß die Wasserkraftanlage für die Erzeugung zu klein sein sollte, und dass mehrmalige Lichtstörungen auftreten, so müsste die Sache ihre Regelung durch einen Zusatzmotor erfahren. Der Erzeuger garantiert die Lieferung bis zur Amortisation des Kapitals. Bei Verkauf seines Mühlenanwesens müssten vorstehende Rechte und Pflichten von dem eventuellen Käufer übernommen werden. Im Übrigen räumt Herr MARCHTL der Stromversorgungsgenossenschaft Windberg das Vorkaufsrecht ein. Jeder Stromabnehmer bekommt einen Licht- und Kraftzähler, der monatlich abgelesen wird. Der Verbrauch wird in ein Strombuch eingetragen. Die Verrechnung findet durch den Kassier der Stromversorgungsgenossenschaft statt. Die Einkassierung der Gelder muss jedoch durch den Erzeuger erfolgen. Die Lieferung des Stromes erfolgt an die Genossenschaft
für Lichtstrom zum Preise von M. 0, 40 pro Kilowatt,
für Kraftstrom zum Preise von M.0, 20 pro Kilowatt.
Die Weiterverrechnung ist Sache der Stromversorgungsgenossenschaft. Bei mangelhafter Stromlieferung oder Nichteinhaltung des Vertrages kann die wirtschaftliche Elektrizitätsversorgungsgenossenschaft verlangen, daß der Erzeuger MARCHTL die Genossen für ihre Auslagen der Erstellung der Leitung und des Ortsnetzes entschädigt.
Die Genossenschaft kann den Vertrag kündigen falls die Lieferung eine dauernd mangelhafte ist, oder durch die Zeitverhältnisse gezwungen ist, sich einer Überlandversorgung anzuschließen.
Dr. M. O. v. d. Hagen, Vorstand
Rupert Marchl“
Vertrag zwischen der Abtei Windberg und der Stromvesorgungsgenossenschaft Windberg
Vertrag
Laut Beschluß der Genossenschaftsversammlung am 12. Juli 1934 wird
zwischen der Abtei Windberg als Stromerzeuger einerseits (in diesem Vertrag weiterhin als „Erzeuger“ angedeutet) und der Stromversorgungsgenossenschaft in Windberg andererseits (in diesem Vertrag als „Abnehmer“ bezeichnet) folgender Vertrag geschlossen:
Der Erzeuger verpflichtet sich zur Lieferung von Licht- und Kraftstrom in dauernder Abgabe und zwar mit einer Betriebsspannung von zweihundertzwanzig Volt. Die Anlage zur Erzeugung von Licht- und Kraftstrom wird auf Kosten des Erzeugers errichtet, der auch dafür zu sorgen hat, daß die Anlage fortwährend in gutem Zustand verkehrt und funktioniert. Bei Maschinenschaden, bei dem die Stromlieferung länger als zweimal vierundzwanzig Stunden unterbrochen werden sollte, hat der Erzeuger dafür zu sorgen, daß möglichst bald eine Ersatz- oder Aushilfeanlage beschaffen und in Betrieb gesetzt wird. Sollte die Anlage sich zu schwach oder zu klein erweisen, um dauernd Strom von 220 Volt liefern zu können, dann hat der Erzeuger für Erweiterung der Anlage Sorge zu tragen. Beim Verkauf der Anlage oder der sämtlichen Klostergebäude hat der Erzeuger dafür Sorge zu tragen, daß die in diesem Vertrag eingegangenen Verpflichtungen vom Käufer übernommen werden.
Die Genossenschaft verpflichtet sich nur vom Erzeuger Strom abzunehmen und zwar gegen einen Grundpreis von
RM -.35 (fünfunddreißig Pfennig) pro Kilowattstunde für Lichtstrom und
RM -.20 (zwanzig Pfennig) pro Kilowattstunde für Kraftstrom.
Dabei ist zu beachten, daß eine Reichsmark als 1/2790 Kilogramm Feingold angenommen wird, sodaß bei einer Entwertung des gesetzlichen Zahlungsmittels oder einer Umänderung desselben die Umrechnung nach dem Goldwert zu geschehen hat. Der Weiterverkauf des Stromes ist Sache der Genossenschaft, die dafür zu sorgen hat, daß jeder Abnehmer, der nicht nach einem Pauschaltarif bezahlt, einen guten Zähler für Kraft- wie auch für Lichtstrom hat und daß diese gut funktionieren und intakt sind. Der Verbrauch jedes Mitgliedes wird mit Tinte oder Kopierstift in ein Buch eingetragen. Änderungen, Radierungen oder Unleserlichmachen der Eintragungen dürfen nicht geschehen. Die Genossenschaft verpflichtet sich solange Strom abzunehmen, bis die Anlage verzinst und vollständig abgelöst ist.
Die Genossenschaft kann den Vertrag mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen, wenn der Erzeuger dauernd ungenügend Strom liefert und er einmal mittels Einschreibebriefes deswegen gewarnt wurde. Die Kündigung kann erst einen Monat nach der schriftlichen Warnung stattfinden.
Solange die Schuld der Zuleitung von Hofdorf nach Windberg nicht voll und ganz abgelöst ist, wird zum Grundpreis für Lichtstrom ein Zuschlag von RM -.15 pro Kilowattstunde und auf den für Kraftstrom RM -.1[?] pro Kilowattstunde berechnet.
Wie obenstehend wind wir übereingekommen u d wollen den Bestimmungen nach besten Wissen und Können nachkommen.
Die Abtei Windberg Stromversorgungsgenossenschaft
Der Prior. in Windberg
Der Vorstand
M. O. v. d. Hagen Loibl
Windberg, den 1. Okt. 1934